Freitag, 13. April 2018

Grundlos glauben? Probleme der Fundamentaltheologie

"Der Fundamentalist glaubt nicht, er weiß es unmittelbar.Liberal-skeptische Zyniker wie Fundamentalisten teilen eine grundlegende Eigenschaft:den Verlust der Fähigkeit, im eigentlichen Sinne des Wortes zu glauben.Für sie ist die grundlose Entscheidunng undenkbar,die jeden authentischen Glauben einsetzt, eine Entscheidung,die nicht auf einer Kette von Schlußfolgerungen begründet werden kann, auf positives Wissen." So urteilt Slavoj Zizek, Lacan. Eine Einführung, 2008, S.153.
Zur Veranschaulichung führt Zizek dann an:"ist der Status der universalen Menschenrechte der eines reinen Glaubens: Sie können nicht in unserem Wissen über die menschliche Natur begründet werden, sie sind ein Axiom, das durch unsere Entscheidung postuliert wird." (S.153) Da die Menschenrechte Sollensaussagen sind: So ist der Mensch zu achten!, ist es evident, daß sie nicht durch indikativische Aussagen, so ist er!, begründet werden kann, denn das wäre ein klarer Fall eines naturalistischen Fehlurteiles (so  der Philosoph Hume), aus einer indikativischen Aussage eine imperativische abzuleiten. Kantiansch gesprochen: Die praktische Vernunft ist kein Derivat der theoretischen. Die Menschenrechte sind eine Ideologie, an die man glauben kann oder auch nicht. Höchstens könnte mit der Nützlichkeit der Menschenrechtsideologie für das gesellschaftliche Leben argumentiert werden: Was sich als nützlich erweist, soll deshalb uns als wahr gelten. 
So ist die Existenz von Überich, Ich und Es (Sigmund Freud) als psychische Instanzen des Menschen nie bewiesen worden, daß es diese drei auch wirklich gibt, aber da sich dies Dreierdeutungsschema in der Interpretation von menschlichen Verhalten als nützlich erweist, gelten diese Instanzen so als hinreichend legitimiert. 
Daß dem Menschen qua seines Menschseins Rechte aber auch Pflichten zukommen, ist ideengeschichtlich eine Konsequenz aus dem Glauben an die Gottebenbildlichkeit des Menschen, setzte als die christliche Religion voraus. Indem sich nun die Menschenrechtsidologie von ihrem eigenen Fundament in der christlichen Religion  emanzipiert, wird sie grundlos- ja, sie wendet sich gar mit der These vom Recht auf die Religionsfreiheit gegen ihren Grund- und somit unbegründbar.
Ist das nun das Wesen des eigentlichen Glaubens, sich grundlos für etwas zu entscheiden, es als wahr anzuerkennen? Damit wäre der Glaube ganz vom Erkennen unterschieden, sodaß zwar von einem Erkennen im und durch den Glauben eine Rede sein kann, aber nicht von einem Erkennen und Wissen, das den Glauben fundiert. 
Leicht könnte dem erwidert werden, daß allein schon die Gottesbeweise genügten, um der These der Grundlosigkeit der Entscheidung zum Glauben an Gott, als Basiscredo der christlichen Religion zu widersprechen, ja es könnte dann auch auf den Prolog des Lukasevangeliumes verwiesen werden, in dem Lukas betont, als Historiker sorgfältig die Quellen studiert zu haben, um so die Zuverlässigkeit der Lehre Jesu darzulegen.
Aber schon Kant entwertete die Gottesbeweise aufklärerisch. Die Apologetik traute sich noch bis zum 2.Vaticanum den Wahrheitsbeweis der katholischen Religion zu, aber in der heutigen Fundamentalteologie ist man davon weit entfernt. Ja, kann man sich noch des Eindruckes erwehren, daß unter den Denkbedingungen der Postmoderne tatsächlich der Glaube nur noch den Status einer grundlosen Entscheidung besitzen kann? Sollte nun kantianiesierend festgestellt werden, daß die Begrenzung des von uns Erkenn- und Wißbarem erst den Raum wieder freigesetzt hat für den Akt des Glaubens an  als grundlose Dezision für ein Wahrhalten von? Immerhin konzediert Zizek so auch, daß der grundlose Glaube nicht durch ein positives Wissen in Frage gestellt werden kann, denn er fundiert sich gar nicht in einem positiven Wissen.  
Aber so wird man dem Katholischen Glauben mit seiner Verhältnisbestimmung zur Vernunft nicht gerecht, könnte erwidert werden- nur: Was tun, wenn der Diskurs über das Vermögen der Vernunft in der Philosophie (und nur dort kann die Vernunft ihr Vermögen selbst erkennen) der kirchlichen Theologie antwortet: Ihr mutet ihr zu, was sie nicht kann?   
Der marxistische Philosoph Georg Lukacs begriff die bürgerliche Philosophie nach dem Tode Hegels als einen Prozeß der Selbstzerstörung der Vernunft, daß sie ihr eigenes Vermögen zur wahren Erkenntnis selbst destruierte, um irrationalistisch zu werden. Bei aller holzschnittartigen Verzeichnung in diesem Werk : "Zestörung der Vernunft", ein Fünklein Wahrheit ist dem nicht absprechbar, daß nachdem in Hegel alles begriffen worden ist als Selbsthervorbringung der Vernunft, nun die Grenzen dessen, was menschlich erkennbar sei, immer enger gezogen wurden. So ist ja die Aufgabe der Philosophie, Gott zu erkennen, so gerade Hegel der zeitgenössischen Philosophie völlig abhanden gekommen.  

Man möge sich einmal dies versuchen vorzustellen: Nach Ostern hätte der  Auferstandene Jesus Christus erklärt, daß er nun mit seinen getreuen Schülern nach Rom zöge um von dort von nun an seine neue Kirche zu regieren und er regierte dort jetzt im Jahre 2018 immer noch, immer jung geblieben, selbst Wunder wirkend und die Wahrheit verkündend. Könnte dann noch jemand an ihn glauben,wenn der Beweis der Wahrheit für jedermann so offenkundig vor  seinen Augen läge? Ist Jesus Christus vielleicht aufgefahren in den Himmel, damit wir  an ihn glauben können, weil seine Wahrheit  nicht offenkundig erkennbar ist?

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