Dienstag, 28. November 2017

Der Tod einer Kirche

Was von einer gotischen Kirche übrig blieb: "Im Inneren sind von der gotischen Bauweise nur noch die hohen,weißen Mauern, die Säulen, das Gewölbe und die Fenster übriggeblieben. An den Mauern hängt kein Bild, nirgends steht eine Statue. Die Kirche ist ausgeräumt wie eine Turnhalle. Nur in der Mitte sieht man Stuhlreien, die in einem großen Viereck um ein Podium gestellt sind, auf dem ein kleiner Tisch für den Prediger steht. Hinter den Stühlen befinden sich Holzkabinen, die Logen der wohlhabenden Bürgerfamilien." 
So beschreibt Milan Kundera in seinem Roman: "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins", eine gotische Kirche in Amsterdamm, die von Reformierten Hollands modernisiert worden ist. "Vor Jahrhunderten verwandelte der calvinistische Glaube die Kirche in eine einfache Halle, die keine andere Funktion mehr hatte, als das Gebet der Gläubigen vor Schnee und Regen zu schützen." (Kundera; Die unerträgiche Leichigkeit des Seins, Fischer TB 1987, S.105) 
Von wie vielen katholischen Kirchen muß das so auch gesagt werden, als sie der Moderniesierungseuphorie nach dem 2. Vaticanum zum Opfer fielen!Es sei hier auf: Hans Jürgen Syberberg:"Vom Unglück und Glück der Kunst in Deutschland nach dem letzten Kriege" verwiesen als Rekonstruktion der künstlerischen Lust am Häßlichen. 
Kundera läßt diesen kirchenzerstörerischen Vandalismus so kommentieren in seinem Roman: "Die Armen mußten stehen, und die Reichen hatten Logen. Aber es gab etwas, das den Bankier mit dem armen Schlucker verband: der Haß auf die Schönheit". (S.106) 
Die Schönheit der Kirche hatte immer zwei Ausrichtungen: durch das Schöne Gott die Ehre zu geben und durch die Schönheit Menschen zu Gott zu ziehen. Wie konnte dann aber alles Schöne aus der Kirche verbannt werden, wie es der strenge Calvinismus praktizierte und der nachkonziliare Katholizismus dann nachäffte? 
Es ist zu befürchten, daß Kundera hier den wahren Motivationsgrund solcher Kirchendestruktionen erfaßt hat: "der Haß auf die Schönheit". Das Schöne wird reprobiert, weil und nur weil es schön ist.
Vielleicht, weil diese kirchliche Schönheit uns Menschen vor Augen führt, daß wir nicht selbst das Maximum an Schönheit sind, daß das Schöne als Partizipation am Himmlischen in seiner Schönheit uns andemonstriert, unübersehbar, wie fern wir selbst vom Schönen sind. Vollkommene Schönheit erlaubt es dem Menschen eben nicht mehr, sich als den Mittelpunkt von Allem zu verstehen. 
Denn allem wahren Schönen ruht immer auch ein Moment des Erhabenen inne, das den Menschen klein macht, ihm so seinen Platz in der hierarichen Ordnung des Seienden einordnet,die ihren Grund in der Schönheit Gottes hat .  Wo aber der Mensch anfängt, an sich selbst zu glauben,da darf es eben nichts Schönes mehr geben, das ihm seinen Mangel an Schönheit  vorführt.     

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