Sonntag, 2. Oktober 2016

Lesefrüchte: Gott nach Auschwitz

"Dabei hatten schon die Philosophen des Deutschen Idealismus, vor allem Schelling und Hegel, darauf hingewiesen, daß sich die Schöpfung eines Leidennaktes Gottes verdanke.Er selbst begrenzt sich zugunsten der Schöpfung, nicht aus Schwäche, sondern aus Stärke, nicht aus Notwendigkeit, sondern in Freiheit, nicht aus spielerischem Übermut, sondern aus- Liebe. >Der Anfang der Schöpfung (ist)allerdings Herablassung Gottes; er läßt sich eigentlich herab ins Reale, kontrahiert sich ganz in dieses. Aber hierin ist nichts, was Gott unwürdig wäre", heißt es in Schellings Stuttgarter Privatvorleseung von 1810." G. Schiwy, Gott nach Auschwitz,in: J.B.Bauer (Hg.), Die heißen Eisen in der Kirche, 1997, S. 113. Das Problematische an Schiwys Ansatz ist nun, daß er Gott so in das Andere von Gott inkarnieren läßt, daß Gott aufhört, das Gegenüber zur von ihm gesetzten Welt zu sein. So wird das Andere als Anderes negiert, um zu einem Prozeß zu werden, an dem am Ende Gott sozusagen herauskommt. So kann er dann die Parole vom Tode Gottes positiv aufnehmen im Sinne eines Werdens zu Gott. Ist aber erstmal der allmächtige Gott als Gegenüber zu seiner Schöpfung so negiert, dann löst sich so das Thodizeeproblem, weil es nun den allmächtigen Gott nicht mehr gibt.
Zudem ist zu fragen, ob Gott sich erst durch die Setzung der Schöpfung selbst begrenzt oder nicht schon durch seinen Akt der Selbstbestimmung, daß Gottes Existenz eben seine Essenz nicht vorausgeht, wie es bei jedem kreatürlichen Leben der Fall ist! Das Gott eine göttliche Natur hat, das darf ja nicht genauso vorgestellt werden wie das Vorhandensein etwa der menschlichen Natur als etwas, das unserem Erkennen und Sichdazuverhalten vorausgeht! Anders formuliert: Nur weil Gott sich selbst objekiv ist, er sich objektiviert hat, kann Gott auch ein Objekt des menschlichen Denkens sein, weil er zuvor Denkobjekt von sich selbst ist.       

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