Freitag, 5. August 2016

Herkunftsbestimmtheit- oder was mache ich aus mir?

Eine Alltagsszene: "Kennst du den?" " Ja, das ist der Mayer, Joseph, der arbeitet bei...und ist verheiratet, 2 Madels hat er." Oder: "Ja, das der Mayer, Joseph, sein Vater ist der...und seine Mutter ist eine geborene...Die stammen ursprünglich aus Schlesien..."Einmal wird der Grundsatz angewendet: Sage mir, was du tust, was du erreicht hast, und ich kenn dich, das andere mal wird der Grundsatz angewandt: Jemanden kennen, heißt, seinen Ursprung, seine Herkunft wissen. 
In der christlichen Religion werden beide Grundsätze in der Beantwortung der Frage: Wer ist dieser Jesus? angewandt. Die Bibel erzählt gerade von seinen Taten und von seinem Lehren, um ihn so zu erkennen geben. Sie erzählt aber auch von seiner Herkunft, weil es eine Erkenntnis Jesu nicht geben kann, wenn uns seine Herkunft verborgen ist. (Es ist so nicht verwunderlich, daß wir im sog. Jakobusevangelium dann Auskünfte über die Mutter Mariae und dem Lebensweg der Gottesmutter erfahren, daß sie bis zu ihrem 12. Lebensjahr als Tempeljungfrau Gott im Tempel diente, bis dann die Priester für sie einen geeigneten Ehemann aussuchten. Denn Jesus ist eben auch das leibliche Kind seiner Mutter und so gilt: Nur wer seine Mutter kennt, kann auch ihn erkennen. 
In der Moderne neigt man dazu, das Prinzip des Aus-sich- was- Machen als das Wesentliche des Lebens anzusehen: Nicht soll mehr die Herkunft den Menschen bestimmen, sondern allein das, was er tut und leistet, was er aus sich macht. Der antiaristokratische Impetus ist unverkennbar: Nicht mehr die Geburt, adelig oder bürgerlich sondern allein der Erfolg soll den Menschen bestimmen. Gleichheit meint dann, daß jeder unabhängig von seiner Herkunft die gleichen Erfolgschancen genießen soll.
Aber der scholastische Grundsatz, daß dem Tuen das Sein vorausgeht, kann doch durch solche gutbürgerlichen Vorstellungen nicht aus der Welt geschaffen werden. Die Würde des Menschen hängt eben nicht von seinem Lebenserfolg ab, oder daß man gar urteilen könnte, daß ein Mensch ohne eine Aussicht auf ein erfolgreiches Leben ein würdeloser Mensch wäre,(etwas Geistigbehinderte), sondern von seinem Ursprung, daß er von Gott geschaffen ist, ja, daß seine Seele gar unmittelbar von Gott ist.Wie sehr der Mensch sich nun auch von diesem seinen Ursprung entfremden kann, er kann diesen Ursprung nie verlieren. 
In einer reinen Leistungsgesellschaft triumphiert das Prinzip des Was- aus- sich- Machens, aber es kann doch nicht ausgeblendet werden, daß dem Tuen ein Sein vorausgeht, das nicht selbst wiederum Produkt des Tuens des Menschen ist. (Anders verhielte es sich nur, nähmen wir eine Urwahl der präexistenten Seele an, die sich so ein Erdenleben erwählte; zur Veranschaulichung. Die Welt wäre Gottes Theater und er gäbe den Seelen das Recht, sich die Rolle im Theater zu erwählen,die sie im Erdenleben dann spielen wollen.)
Ist der Mensch schon ein bestimmter Mensch, bevor er durch sein Tuen und Lassen sich zu etwas macht? Ist der Mensch schon ein bestimmter, bevor er durch seine Eltern und seine soziale Umwelt zu einem bestimmten geformt wird? Geht also dem Geformtwerden und dem Sich- zu etwas- Machen ein bestimmtes Sein voraus- oder ist dies vorausgehende Sein nur der Ermöglichungsgrund dafür zu etwas geformt zu werden und sich zu etwas formen, also ein formloses Sein? 
Eine der ältesten "Wissenschaften", die der Astrologie versucht darauf, Antworten zu geben, indem sie aus der Sternkonstellation der Geburt etwas über dies allem vorausgehenden Sein aussagt. "Ach, das ist typisch wassermännisch!" kann man dann gelegentlich in der Alltagskommunikation hören. Diese astrologischen "Erkenntnisse" widerstreiten dem modernen Glauben, daß in jedem Tellerwäscher das Potential zum erfolgreichen Unternehmer stecke, daß eben jeder seines Schmiedes Glück ist.Aber deshalb sind sie nun nicht schon unwahr.In solchen "Erkenntnissen" manifestiert sich ein Ahnen, daß wir schon etwas Bestimmtes sind, bevor andere uns formen und wir uns selbst formen. Das ist unser Sein, das uns vorausgeht und doch ganz das Meine ist.Die Moderne ist so auch das radicale Nein zur Herkunftsbestimmtheit: Jeder soll nur noch eine reine Möglichkeit sein, daß man aus ihm im Prinzip alles machen kann und daß er sich im Prinzip zu allem machen kann. Das erstere gebiert die Allmachtsphantasien der modernen Pädagogik: jeder könne ein zweiter Einstein werden, und das zweite gebiert die Allmachtsphantasie, daß ich alles werden kann, was ich will, daß es eben nur auf mein Wollen und Streben ankäme.Daß aber mein Sein dem bestimmte Grenzen setzt, weil ich immer schon ein bestimmtes und somit limitiertes Subjekt bin, das will dies moderne Denken nicht wahrhaben. 
Für die Theologie heißt dies: Mein Sein, das allem Geformtwerden und Michformen vorausgeht, als Gottes Gabe an mich zu begreifen: Er schuf mich als ein bestimmtes Sein, das bin ich und das soll ich auch sein. Die elementarsten Formungen meines Seins in diesem Sinne sind mein Geschlecht und meine Nationalität. Immer bin ich schon ein individuiertes Sein meines Geschlechtes und meiner Nationalität, aber das bin ich immer schon, bevor ich zu etwas erzogen werde oder mich zu etwas bilde. Das ist meine Herkunftsbestimmtheit, mein besonderes Sein aus Gott. 
Darum kann sich die christliche Religion nie in Gänze der modernen Welt einpassen, die nur noch das Prinzip des: Was mache ich aus mir? anerkennt und das Herkunftsprinzip verleugnet, schon in und gerade in der Geburtsstunde der Moderne, der bürgerlichen Revolution!So ist auch die Ideologie des Genderismus wie die Multikuktiideologie als Wille zur Auflösung aller nationalen Identitäten die Gefahr für die christliche Religion, weil sie die ersten Gaben Gottes zerstören wollen, daß ich ein bestimmtes Sein bin vor all meinen Selbstformungsversuchen und Versuchen des mich Formens. 

Zusatz
Der Begriff des Schicksales gibt der Theologie viel zu denken auf. Auch dies ist ein kleiner Versuch dazu.                      
    

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