Freitag, 10. Juni 2016

Priesterbruderschaft St. Pius zu Amoris laetita- ein paar kritische Anmerkungen

Pater Matthias Gaudron von der Priesterbruderschaft St. Pius X. betitelt "Amor laetitita"als einen Sieg des Subjektivismus". Mitteilungsblatt: Instaurare omnia in Christo" Juni 2016, S.33-39.Dem muß leider zugestimmt werden. Das Radio-Eriwan Prinzip bestimmt dies Schreiben: Im Prinzip ist weiterhin die verbindliche Lehre der Kirche gültig, aber in Einzelfällen der subjektiven Willkür unterworfen. Die auch von der Petrusbruderschaft beklage Uneindeutigkeit und Mehrdeutigkeit ist eben die Absicht dieses Textes, conservativere Leser zufrieden zu stellen und in Randsätzen dann alles Gesagte wieder zu relativieren, um liberal- modernisten zu erfreuen. Papst Franziskus Herz scheint dabei mehr den Modernisten zugeneigt zu sein, aber er will eben doch den erheblichen Widerstand gegen eine Modernisierung der Kirche, der deutlich auf den zwei Familinsynoden zum Ausdruck kam, mitberücksichtigen.
Nun liegt aber in jedem strikten Nein zu allem Subjektivismus selbst wieder eine Gefahr inne, die nämlich, abstrakte Prinzipien so zu proklamieren, daß sie in ihrer bloßen Abstraktheit selbst wieder falsch werden, weil sie die Komplexität des Lebens außer Acht lassen. So lesen wir, daß einen Unschuldigen zu töten, sei "immer und unter allen Umständen schlecht und kann daher auch durch keine noch so gute persönliche Absicht sittlich gut werden."(S.34) Das klingt im ersten Moment gut, ist aber unvereinbar mit der kirchlichen Lehre vom gerechten Krieg. In einer Schlacht stehen sich Soldaten feindlich gegenüber, aber wenn ein Deutscher Soldat im 1. Weltkrieg einen Französischen vor Verdun tötete, dann hat da kein "unschuldiger" einen "schuldigen" getötet, wie auch umgekehrt der Französische Soldat keinen schuldigen Deutschen. Der politisch-militärische Feind in einem Kriege ist nicht im moralischen Sinne ein Schuldiger. Thomas von Aquin geht von einer akuten Notwehrsituation aus, daß ein Angreifer mich töten will und ich dann das Recht habe, den Angreifer zu töten, wenn ich so nur mein Leben verteidigen kann. Hier ist der Angreifer dann realiter ein Schuldiger. Weil er nicht unschuldig ist, darf der Angegriffene, um sich zu verteidigen billigend die Tötung des Angreifenden in Kauf nehmen. Nur, ein Krieg als Ganzes gesehen besteht für einen Soldaten nie aus einer Serie von Notwehrsituationen, in denen ihm das Töten des Angreifers dann erlaubt wäre. Faktisch tötet im Krieg ein Soldat feindliche Soldaten, ohne daß sie als schuldig anzusehen sind. So gibt es also zumindest einen von der Kirche definierten Fall, in der das Töten von Unschuldigen erlaubt ist. 
Aber im Übereifer im Ringen um die Allgemeingültigkeit von bestimmten moralischen Prinzipien, daß sie ausnamhslose gelten sollen, wird hier eben über das Ziel hinausgeschossen, etwas als allgemeingültig behauptet, was es nach der jetzt geltenden Lehre der Kirche nicht ist. 
Das gilt auch für die Behauptung,daß die göttlichen Gesetze "die geschlechtliche Vereinigung von Mann und Frau nur in einer gültigen Ehe" erlauben. (S.34). 
Als erstes stoßen wir hier auf ein sehr delikates Problem für die christliche Moraltheologie: Stellen wir uns zwei Kinder Adams und Evas vor. Sie wollen eine Familie gründen, aber sie können es nicht, weil es für die Heiratswilligen nur leibliche Geschwister zum Ehelichen gibt. Hätten sich die Evaskinder nun an die Moral des Paters Gaudron gehalten, wäre die Menschheit, kaum auf der Weltbühne erschienen, auch schon wieder ausgestorben, weil sie ohne Nachwuchs geblieben wären. Sie hätten dann gegen das 1. Gebot Gottes verstoßen, das Gott den Menschen noch vor dem Sündenfall gab: seid fruchtbar und mehret euch! Aber sie pflanzten sich fort. Ohne diesen so praktizierten Inzest gäbe es uns heutige Menschen nicht. Nun kommt das Problem für die Morallehre der Kirche: Lebten die Kinder Adams und Evas in einer Inzestehe oder pflanzten sie sich ohne in einer Ehe zu leben fort? Entweder muß nun gelten, daß auch die Inzestehe eine legitime Ehe ist, aber wie könnte sie dann jetzt von der Kirche verurteilt werden, oder es war keine Ehe, sodaß die Nachkommen in einer "irregulären" Partnerschaft geboren worden wären.Eine Inzestehe als legitime Ehe anzusehen, halte ich für ausgeschlossen, aber: Wenn es unmöglich ist, eie gültige Ehe zu schließen (weil am Anfang nur leibliche Geschwister vorhanden waren für eine geschlechtliche Beziehung), Gott aber die Fortpflanzung der Menschen wollte, dann muß gelten, daß jetzt eine Fortpflanzung außerhalb  der Ordnung der Ehe erlaubt ist. Wäre das nicht, müßte die Menschheit ja mit dem Tode der Kinder Evas und Adams aussterben. Ergo ist eine Fortpflanzung außerhalb der Ordnung der Ehe genau dann erlaubt, wenn es unmöglich ist, um des ersten Gebot Gottes zu gehorchen, eine gültige Ehe zu schließen.
Die einzige Alternative wäre, daß man die Inzestehe als legitime Ehe ansieht! Dann müßte man lehren, daß genau dann eine Inzestehe erlaubt ist, wenn keine gültige Ehe schließbar ist. 
Aber die Bibel selbst gibt uns hierzu eine eindeutige Antwort, indem sie selbst für das Problem einer kinderlos bleibenden Ehe die Lösung der außerehelichen Zeugung des Nachwuchses lehrt.            
Die hl. Schrift selbst lehrt nämlich, denn in ihr wird als Lösung für das Problem einer kinderlosen Ehe die Möglichkeit, daß dann der Ehemann eine Zweitfrau nehmen darf, mit der er nicht verheiratet ist, um so mit ihr einen legitimen Nachwuchs zu erzeugen. Die Zweckursache der Ordnung der Ehe, daß sie um der Nachkommenschaft willen ist, wird im Konfliktfalle, daß die Ordnung der Ehe den Zweck der Ehe verunmöglicht, höherwertig beurteilt als die Ordnung der Ehe, sodaß die Ordnung um des Zweckes willen relativiert werden darf. 
Die heutige Diskussion über die Ordnung der Ehe leidet eben an der Tatsache, daß ihre Finalursache weitestgehend außer Acht gelassen wird. Das führt eben auch zu der Verkennung, daß sie eine Ordnung um eines Zweckes willen ist und so nicht selbstzwecklich ist. Damit ist für das Problem, wenn die Ordnung der Ehe den Zweck der Ehe verunmöglicht, daß dann um des Zweckes der Ordnung willen, damit der Zweck realisiert werden kann, die Ordnung relativiert werden darf! Genau das verkennt aber die Verabsolutierung der ehelichen Ordnung, wie sie  Pater Gaudron hier praktiziert. 

Scheint Pater Gaudron bis jetzt zu einem moralischen Rigorismus zu neigen,indem er die Ordnung der Ehe als etwas Selbstzweckliches ansieht, weil er ihre Zweckursache vernachlässigt, so verblüfft er nun, wenn er urteilt, daß Geschieden Wiederverheirateten doch das Sakrament der Eucharistie gespendet werden dürfte, wenn sie in ihrer Zweitehe auf die eheliche Intimität verzichteten. Diese von Papst Johannes Paul II. gelehrte Ausnahme ist nun doch in sich nicht unproblematisch.Denn das beinhaltet doch, daß die zweite zivilrechtlich geschlossene Ehe gegenüber der ersten gültigen Ehe keine Sünde wäre, wenn nur auf die Sexualität verzichtet würde. Das auch in der zivilrechtlichen Form gegebene Eheversprechen wäre dann kein sündiger Verstoß gegen die nicht aufgelöste noch bestehende Ehe mit ihrem Eheversprechen. Ja, nur die in der Zweitehe gelebte Intimität würde so zu dem einzigen Grund des Ausschlusses vom Empfang der Eucharistie avancieren! 
Es müßte eigentlich unterscheiden werden zwischen der Frage,ob eine zivilrechtliche Ehe aus moralischen Gründen fortzusetzen ist, etwa um der Sorge um der gemeinsamen Kinder willen und der Frage, ob nicht eine Zweitehe in der Form der Zivilehe eine Sünde wider die gültige Ehe ist, die ja durch die weltliche Scheidung nicht aufgelöst ist, sodaß dies "Zweit-Eheleben" einen gültigen Empfang der Eucharistie verunmöglicht. Papst Johannes Paul II. sagt hier nun, daß in diesem Falle Geschieden- Wiederverheiratete die Eucharistie empfangen dürfen, wenn sie ihre Zweitehe enthaltsam leben. Papst Franziskus Intention scheint ja nun nur die zu sein, auf dieser Ausnahmereglung aufbauend, die Bestimmung der Enthaltsamkeit für dispensierbar zu erklären und so nur die Ausnahmeregel zu liberalisieren. Aber im Prinzip setzt er damit nur das Anliegen des Papstes Johannes Paul II. fort, Geschieden Wiederverheirateten den Zugang zu den Sakramenten wieder zu eröffnen! 
Nicht alles, was Papst Johannes Paul II schrieb und tat, ist über jeden Zweifel erhaben: Man denke nur an einen der schwärzesten Augenblicke der jüngsten Kirchengeschichte, als dieser Papst öffentlich den Koran küßte!                     

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