Samstag, 30. Januar 2016

Verlorene Identitäten

Ist die Katholische Kirche noch die Katholische Kirche, oder hat sie sich so gewandelt, daß sie nicht mehr ist, was sie einst war? So manches CDU-Parteimitglied frägt, vor Bundeskanzlerin Merkel schauend, die ja auch die Parteivorsitzende dieser C-Partei ist, ob die CDU noch eine CDU ist und was Merkels Politik noch von einer Rot-Grünen Politik unterschiede? Und Deutschland? Erleidet Deutschland nicht seit 1945 durch die Westintegration und Veramerikanisierung den Verlust seiner Identität und daß nun nach der Wiedervereinigung 1990 auch das einstige Ostdeutschland diesem Entfremdungsprozeß unterzogen wird. Ist es ein Signum unserer postmodernen Zeiten, daß Identitäten sich auflösen?
Identität bedeutet immer die Vorstellung der Herkunftsbestimmtheit. Die Französische Revolution setzte dagegen das Prinzip des Etwas-aus- Sichmachens. Was ich aus mir mache, das ist das Wesentliche, nicht das, was ich bin, weil ich es so ererbt habe. Der Idee des vererbten Adelstitels setze die Revolutinsideologie die Idee des Aus-sich-heraus-Machens:Ich bin, was ich aus mir mache. Dieser Vorstellung des Sich-selbst-Hervorbringens steht nun anfänglich die Idee der Selbstverwirklichung konträr gegenüber, auch wenn bei einer oberfläclichen Berachtung beide Konzepte miteinander verwechselt werden können. Die Idee der Selbstverwirklichung setzt nämlich die Normativität eines Selbstes voraus als Gabe und Aufgabe: Werde, was du bist und wozu du bist, das sagt dir dein selbst. Die Idee des Sich-selbst -zu -etwas- Machens negiert diese normative Vorgabe. Zur  Veranschaulichung: Die Frau, die sich als Frau vorfindet, sie ist das von Geburt an, und ihr ist ihre Weiblichkeit ihre Aufgabe, nun sich zur Frau zu entwickeln, das in ihr als Potentialität Innewonende zu entwickeln. Die Selbstverwirklichung bdeutet dann, das ganze Potential des Frauseins im eigenen Leben zu realisieren und sich nicht verkürzen zu lassen auf einige Aspekte des Fruseins.Ganz anders die postmoderne Genderideologie: Für sie ist das natürliche Geschlecht, das, was ich von Geburt an bin, nur eine Kontingente Veranlagung von mir, die ich aber auch verändern kann. So wie eine Frau ihre von Natur aus brauen Haare schwarz färben kann, so kann sie auch ihr Geschlecht umwandeln, wenn ihr ihr natürliches mißfällt. Jeder kann aus sich machen, was er aus sich machen will, lautet so das Credo der Postmoderne. Das, was ich bin, bestimmt mich nicht dazu, das zu bleiben, was ich bin. 
Warum soll also die Katholische Kirche das bleiben, was und wie sie war, wenn sie sich auch umfärben und so neu konzipieren kann? Das gilt auch für die politischen Parteien und die Identiät des Deutschen Volkes. Die Lust zur Auflösung entspringt der Vorstellung, daß eine natürliche Bestimmtheit als Unfreiheit empfunden wird. Die Natur, mein Zur-Welt-Gekommensein-als soll mich nicht mehr festlegen auf ein: Weiter so! Bewahre, was und wie du bist! Die Lust des Experimentes bestimmt uns Menschen seit der Französischen Revolution mit seiner Ideologie des Sich-zu-etwas- Machens. Der Mensch sieht seine Natur nur noch als einen Rohstoff an, den er beliebig gestalten und zu etwas machen kann. Das gilt nun ebenso für jede Tradition, die der Kirche und die des Deutschen Volkes. Um es in Anlehnung an Theodor Adorno zu sagen: Tradition verpflichtet zu nichts mehr. Einst galt die Natur als Gabe Gottes und als Tradition, was von Anfang an überliefert wurde und so übernatürlichen Ursprunges war- aber wenn Gott als der Grund von Natur und Tradition ausfällt, dann verlieren diese beiden Größen ihren normativen Charakter. Aber die Identität als etwas Zubewahrendes gründet sich gerade in diesem normativen Charakter von Natur und Tradition.

Corolarium 1

Lisson bringt es auf den Punkt, wenn er schreibt: „Warum sind Männer eigentlich Männer, Frauen eigentlich Frauen, Weiße weiß und Schwarze schwarz? Sie müssen es doch nun nicht mehr sein, nachdem ihre >Natur< als etwas technisch Variables verstanden wird, das nur der Zufall als Startbedingung so bestimmt hat, was aber nicht heißt, daß jeder sein Leben lang schicksalshaft an diese Bedingungen gebunden ist.“ (F.Lisson, HomoViator, 2013, S.60)
Corollarium 2
Identität bedeutet nämlich, daß etwas so ist, wie es sein soll, wenn also die Erscheinung von etwas mit seiner Idee ineinsfällt.  Das Bewußtsein der Identität konstituiert sich dann aber gerade in dem Wahrnehmen des Nichtidenischen und der Verneinung dieses Nichtidentischen: das bin ich so nicht.Einfacher gesagt: Der wahre Mensch erkennt sich erst im Spiegel des nichtwahren als wahrer. Gerade daß zur Identität dieser Akt der Negation dazugehört, macht das postmoderen Denken suspekt, steckt darin doch auch ein aggressives Moment der Selbstbejahung dem Anderen gegenüber statt eines diffusen Auflösens in einem Einerlei.                    

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