Donnerstag, 26. März 2015

Ein Film zwischen Blasphemie und Humor-Monty Python: Das Leben des Brian

Umberto Ecos Roman: "Der Name der Rose" enthält bei allem interessant Kriminalistischen in historischen Gewändern auch eine tiefsinnige Aussage und das macht wohl ein Spezificum des postmodernen Romanes aus, daß er eine Melange von Unterhaltungs- und Ernster-Literatur sein will.Das Getrennte und Verschiedene zu konfundieren, und so etwas Neues zu schaffen, das doch nichts Neues ist. Das bedeutet für die Rezeption dieses Kunstwerkes, daß es den Leser nicht auf eine bestimmte Art des Wahrnehmens festlegt. Auch diktiert die Autorenintention nicht die Art des Rezipierens. R. Barthes spricht in diesem Sinne vom Tod des Autors, daß das künstlerische Werk, sagen wir mal zur Veranschaulichung wie eine ins Meer hineingeworfene Flaschenpost vom Autoren entfernt und somit auch von seiner Autorenintention. Es wird zu einem polyinterpretablen Text und eröffnet immer neue Möglichkeiten des Lesens des Textes. Das Buch und noch mehr die etwas enttäuschende Verfilmung kann als ein Kriminalroman des Mittelalters genossen werden,als gute Unterhaltung. Er kann aber auch als tuefsinnige Reflexion über das Wesensverhältnis von der Religion, der christlichen zum Humor begriffen werden. 
Im Zentrum steht ja ein apokryphes Buch des Philosophen Aristoteles über den Humor, das in einem christlichen Kloster unter Verschluß aufbewahrt wird, sozusagen im "Giftschrank" des Klosters. Humor oder Religion-der Aufseher der Bibliothek kam zu dem Ergebnis: dies Humorbuch darf ein Christ nicht lesen. Die Liebe zur Philosophie und zum Buch verbietet ihm die Vernichtung dieses Werkes, aber die Sorge um die christliche Religion verlangt, daß das Buch unter Verschluß gehalten werden muß. Es darf nicht gelesen werden! 
Was sagt das über die christliche Religion und den Humor aus? Was für ein eigentümliches Verständnis von Humor, wenn er als unvereinbar mit der christlichen Religion gilt?
Mein Vorschlag, daß der Film des Lebens des Brian die Antwort auf diese Frage enthält. In der Verwechslungskomödie mit Jesus und Brian wird uns Brian, der permanent für den wahren Messias gehalten wird, als Lehrling des Humors vorgeführt, dem Jesus als der Exponent des Glaubens an das Ernsthafte des Lebens gegenübergestellt wird.Englischer Humor, also schwarzer wird uns dabei präsentiert, denn die humoristische Lebensweise muß sich auch noch am Kreuze bewähren-auch Brian wird gekreuzigt.
Eine kleine Ausschweifung: Große Menschen gibt es nur, weil es auch kleine gibt. Wären alle Erwachsenen 1,80 Meter groß, gäbe es weder große noch kleine Menschen. Alles ist nur etwas durch sein Gegenteil. Das Gute gibt es nur im Gegensatz zum Nichtguten, Helden nur, weil es auch Schurken gibt.Erst im Kontrast zur Lebensphilosophie des Humores-so meine These-wird das Besondere der religiösen Lebensauffassung, ihr ernstes Lebensverständnis deutlich. 
Was auf den ersten Blick und für den Filmkonsumenten auch legitim als Gemisch aus schwarzem Humor, Slapstik und absurden Theater vorkommt, das ist eben auch ein philosophischer Lebensentwurf, der dem ernsthaft Christlichen gegenüber konzipiert wird. Es könnte von einem nihilistischen Ästhetizismus gesprochen werden, wenn dieser Begriff dabei nicht das Wesentliche, den Humor als existentielle Lebenseinstellung nicht verunklaren würde. Die Botschaft, die der Film immer wieder in neuen Sequenzen durchdspielt, lautet: das Leben ist absurd, und weil es absurd ist, ist der einzig angemessene Umgang das Lachen über das Leben!
Und selbst, am Kreuze hängend, sterbend, gilt das noch.
Was ist Ernst? Da gäbe es -im Film- die zwei palästinenischen Befreiungsbewegungen, die Israel von der Römischen Fremdherrschaft befreien wollen.Brian möchte da aufgenommen werden. Die Aufnahme ist ein Akt perfekt inszenierten Abdsurditismuses. Es stellt sich nämlich in der Befragung heraus, daß die Römer so viel Positives gebracht haben, daß man gar keinen Grund benennen kann, warum sie als Befreiungsbewegung für die Befreiung sind! Sie sind dafür -grundlos! 
Aber auch der Feminismus wird berücksichtigt! Was immer man, feministisch inspiriert, zum Thema der Unterdrückung der Frau zu Zeiten Jesu einfallen mag, auf das kommt man sicher nicht: daß den Frauen die Beteiligung an Steinigungen untersagt war! Aber an Frauen Bärte verkaufende Männer unterlaufen diese Frauendiskriminierung. So sieht man notdürftig als Männer verkleidete Frauen, die dann das Opfer steinigen und nur Frauen steinigen! Aber was heißt hier Opfer? Der römische Soldat, der den Deliquenten zur Steinigung hinzuführen hat, hat auch die Aufgabe, den Tatbestand zu benennen, daß der Name Gottes ausgesprochen wurde und nun wird nicht der Straftäter gesteinigt sondern der Soldat, der die Anklage vorliest, weil er sich nun im Verlesen der Anklage selbst der Straftat schuldig macht. Die Frauen, bebartet, steinigen ihn! So könnte nun Szene an Szene gereiht werden mit immer der selbem Botschaft der Absurdität des Lebens, über die man nur lachen kann.
Die Quintessenz lautet dann ja auch im bekannten Schlußlied: wir kommen aus dem Nichts und enden im Nichts und das Dazwischen ist nur ein Lachen wert.Der Humor soll das nichtige Leben erträglich machen und da das Leben sehr wohl in all seiner Härte wahrgenommen wird, dafür steht das Kreuz als Symbol des zum Leben dazugehörenden Leidens, ist der Humor ein englisch schwarzer!
Jesus Christus dagegen bildet, dezent im Hintergrund gehalten die Alternative zu dieser Lebensauffassung: das Leben ist ernst.Wir können das auf eine Aussage reduzieren: wie ich mein endliches Leben führe, hat das ewige Folgen. Nietzsche versucht den Nihilismus, daß alles gleichgültig ist, ja zu überwinden durch den Gedanken der ewigen Wiederkehr, daß ein Daimon zu mir sagte: so wie du jetzt lebst, so mußt du immer wieder leben! Was du jetzt tust, mußt du immer wieder so tun. Daraus entspringt die Nietzsche-Maxime: handle immer so, daß du das, was du jetzt tust, immer wieder tun können möchtest. Die christliche Religion überwindet den Nihilismus des alles sei gleichgültig durch den Ausblick aufs Jenseits! Dein Tun hat ewige Folgen zum Guten oder zum Bösen als ewiges Leben oder als ewige Verdammnis! Aber der Humor will den Nihilismus des alles sei gleichgültig durch das Lachen über das Gleichgültige aufheben! 
Für Jesus wie für Nietzsche gibt es so den Ernst des Lebens, den sie aber auf zwei ganz verschiedene Konzeptionen der Ewigkeit aufbauen, den des ewigen Lebens oder den der ewigen Wiederkehr. Der postmoderne Humor bietet dagegen das Lachen über das Leben an: nimm es nicht ernst und es gibt keine Lebensprobleme mehr! Das Leben nicht (mehr) ernst nehmen, das als Lebenskunst begriffen, macht nun aber auch plausibel, warum in Ecos Roman der Negativheld alles versucht, um zu verhindern, daß das Buch über den Humor gelesen wird, weil er in ihm genau diese Alternative zum Ernst des Lebens im Sinne der christlichen Religion sieht. 
Der Film des Lebens des Brian kann wirklich einfach als gelungene Komödie englischen Humors konsumiert werden-es darf herzhaft gelacht werden- dieser Film kann aber auch als eine tiefsinnige Kontrastierung zweier existentieller Lebenseinstellungen begriffen werden, sodaß dann das scheinbar einfach nur Humoristische und Absurde zur gehaltvollen Aussage des Filmes avanciert! Es ist ist nicht die Liebe des Französischen Existentialismus zum Absurden, sondern der zutiefst schwarze Humor Englands, der uns da als die Lebensphilosophie offeriert wird. Und der Nutzen für den christlichen Betrachter dieses Filmes: es gibt wohl kein anderes Kunstwerk, das so prägnant die Grundgestimmtheit christlicher Existenz zur Anschauung bringt wie dieser Film! Und es muß angemerkt werden, daß in der heutigen kirchlichen Verkündigung: "Gott ist die Liebe" so sehr dominiert, daß diese Grundstimmung christlicher Existenz unterzugehen droht in der Tendenz zum leicht-lieblichen Liebesroman ohne Ernst und Tragik! So befremdlich das auch klingen mag, daß dieser Film -wohl unbeabsichtigt- etwas uns offenbart, das im heutigen Christentum unterzugehen droht, daß die Grundgestimmtheit christlicher Existenz die des Ernstes ist, weil das endliche Leben, so wie ich es führe oder auch nicht führe, ewige Konsequenzen zeitigt zum Guten oder zum Bösen für den Menschen ! 

Blasphemie oder Komödie? Nur der oberflächliche Zuschauer und Genießer wird hier nur eine Komödie sehen, der aufmerksamere die schwarze Komödie als Versuch der Überwindung des Nihilismus und das ist dann eben kein leichtes Unterhaltungsprogramm und doch ist es das auch, insofern der Film dafür optiert, das Realleben als schwarze Komödie zu leben. Ist der Film blasphemisch? Er zeigt einfach, daß die christliche Lebensauffassung nicht die einzig mögliche ist-das ist legitim- und durch die Kontrastierung kommt das genuin Christliche treffend zum Ausdruck.
Merksatz: Wer wissen will, was Licht ist, kommt nicht umhin, die Finsternis aufsuchen zu müssen!                                
  

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