Donnerstag, 13. November 2014

Nicht immer sind Ideologen an allem schuld!

Der Kampf um die Familie und die Politische Korrektheit


Matthias von Gersdorff zitiert in seinem Aufsatz, „Familie:Ein Wertbegriff-auch für die Politik“ aus Wilhelm Reichs Klassiker: „Die sexuelle Revolution-zur sozialistischen Umstrukturierung des Menschen“: „Die patriachalistische Familie ist die strukturelle und ideologische Reproduktionsstätte aller gesellschaftlichen Ordnungen, die auf dem Autoritätsprinzip beruhen. Mit der Abschaffung dieses Prinzips müsste automatisch auch die Familieninstitution erschüttert werden. Der Zerfall der Zwangsfamilie ist der Ausdruck dafür, dass die sexuellen Bedürfnisse der Menschen die Fesseln sprengen, die ihnen mit der wirtschaftlichen und der familiären Bindung auferlegt werden. Es vollzieht sich die Trennung von Wirtschaft und Sexualität.“1
In einer linken Kritik wird das Anliegen dieses Ansatzes auf den Punkt gebracht:

Mit ihren Untersuchungen zum "autoritären Charakter" wollten kritische Theoretiker wie Adorno, Horkheimer erklären, wie es möglich war, daß die politischen Machthaber (insbesondere Hitler) bei all ihren Aktivitäten zum Wohl deutscher Wirtschaft und nationaler Größe über ein gefügiges Volk verfüg(t)en. Heutzutage ist "autoritärer Charakter" ein Schlagwort, das als Antwort auf die bei kritischen Soziologen und Psychologen immer wieder aufgeworfene Frage, warum 'die Leute',mitmachen', für ebenso hinreichend wie angemessen erachtet wird“2

Also, die Institution Familie ist die „Brutstätte“ autoritärer Charaktäre, und die wiederum ermöglichten es erst, daß ein Hitler regieren konnte. Damit ist das Anliegen der Destruierung der Institution Familie mittels von Reich und Adorno erfaßt. Es soll hier nicht die Plausibilität dieser These diskutiert werden sondern das Augenmerk auf etwas anderes gerichtet werden: warum wird als das Argument zur Destruierung der Familie dieses Argument, daß die Familie die Bruststätte des Nationalsozialismus gewesen ist, um es sehr verkürzt zu formulieren, gebracht? Man erinnere sich an die große Debatte des sogenannten Positivismusstreites in den Sozialwissenschaften, an der gerade auch die „Kritische Theorie“ federführend beteiligt war. Versimplifiziert kann als eins der Kernprobleme die Frage angesehen werden, von dem Soziologen Max Weber herrührend, wie Werturteile in Sozialwissenschaften zu begründen sind. So kann sozialwissenschaftlich etwa ein Bedeutungsverlust der Familie in den modernen Gesellschaften nachgewiesen werden, so etwa Max Horkheimer in seiner Studie: „Die Zukunft der Ehe“, 1966 verfaßt, aber daß das so ist, besagt ja nun noch nicht, ob das „gut“ oder „schlecht“ ist. Das Grundanliegen Horkheimers esayischter Betrachtung: „Zur Kritik instrumenteller Vernunft“, 1946 ist ja die kritische Feststellung, daß die (postmoderne) Vernunft zwar sagen kann, was der Fall ist, und wie man welche Ziele erreichen kann, aber nicht mehr vernünftig begründen kann, warum welches Ziel erstrebenswert ist und welches nicht, ob es erstrebenswert ist, daß Familien sind oder ob es besser wäre, daß es sie nicht gibt. Ein solches Werturteil, ist das Sein von Familie gut?, liegt außerhalb der zur instrumentellen Vernunft reduzierten Vernunft. Also müßte, wenn man das ernst nimmt, eine Weltanschauung, nicht durch die Vernunft begründbare Werte und Normen die Bewertung dessen übernehmen, was die (postmoderne) Vernunft nicht mehr leisten kann.
(Ich möchte hier einen Unterschied einzeichnen zwischen dem modernen Vernunftverständnis, wie es etwa Kant entfaltet, das Werturteile in sich ermöglicht, und dem postmodernen Vernunftverständnis, das wie Horkheimer es darlegt, dies nicht mehr kann als halbierte Vernunft.
Es kann nun diese These aufgestellt werden: Die Weltanschauung der Politischen Korrektheit in ihrer Synthese mit der Holocaustreligion übernimmt die Funktion der Letztbegründung von moralischen Urteilen in unserer Zeit. Das bedeutet für den Diskurs über die Familie: wenn ich den Wert der Familie bestreiten will, daß es gut ist, daß sie an Bedeutung verliert, dann sollte ich im Idealfall nachweisen, daß die Familie in einem positivem Verhältnis zu Hitler stand! Die Institution Familie begünstigte den deutschen Faschismus,wie auch immer das dann en detail fundiert wird, ist somit das moralische Todesurteil über die Familie. Denn das absolut Böse-das ist nicht mehr der aus der Mode gekommene Satan-sondern Hitler und der Nationalsozialismus. Alles, was dem nützte oder es förderte, ist so und gerade nur deshalb auch „böse“. Jetzt erst kann der sozialwissenschaftlich eruierten Tatsachenfeststellung des Bedeutungsverlustes der Familie das Werturteil hinzugefügt werden: „Das ist auch gut so!“ Die in einer Gesellschaft existierende „öffentliche Religion“ hat, und das ist eben auch gerade ihre Funktion für die Gesellschaft, die Aufgabe, die Letztbegründungen für moralische Urteile aller Art zu erbringen. Wenn der Deutsche Staat sich an einem Krieg, an welchem auch immer, beteiligt, lautet das erste und das grundlegendste Argument immer: um einen zweiten Holocaust zu verhindern, und die Kritiker eines robusten Kampfeinsatzes der Bundeswehr urteilen: weil wir den 2.Weltkrieg verursacht haben, dürfen wir uns an keinem Kriege mehr beteiligen, weil von Deutschem Boden nach dem Hitlerkrieg nie wieder ein Krieg ausgehen dürfe. Sowohl das „Ja“, wie auch das „Nein“, wird so von der selben Politischen Korrektheitsideologie her begründet. Das demonstriert, daß sie von allen Disputanten als die letzte unbedingt verbindliche Norm anerkannt wird und daß alle wichtigen Urteile, sollen wir oder sollen wir nicht?, mit dieser Weltanschauung zu begründen sind.

Was macht nun von Gersdorff als Verteidiger der Institution Familie? Geben wir ihm das Wort: „ Ebenso wird von etlichen Historikern,[...]die These vertreten, dass viele Adlige im Widerstand gegen Hitler tätig waren, weil sie aufgund ihrer traditionell engen familiären Beziehungen in der Lage waren,informelle, unstrukturrierte Verbindungen zu schließen.Kommunisten, Sozialisten, Gewerkschaftler und die Widerständler aus den Kirchen waren organisiert, und die Organisationen ließen sich einfacher zerschlagen.Den Adel als Organisations-und Kommunikationsform konnte man nicht zerschlagen, man traf sich, konspirativ, zum Tee, bei Familienfesten usw.“3Die These ist klar: gerade die Institution der (adligen) Familie war die beste, weil effektivste Widerstandsform gegen Hitler! Auch hier soll auf eine kritische Würdigung der Vorstellung familieninterner Tea-Partys als der Keimzelle antifaschistische Kampfes verzichtet werden-auch hier wird nur gefragt, warum denn der Familienapologet diese These aufstellt. Die Antwort ist ebenso klar: wie die Kritiker der Ordnung der Ehe, so benutzt auch der Apologet die Politische Korrektheitsweltanschauung als das Letztbegründungsargumentsreservoir. Was gut gegen Hitler war, ist deshalb gut und erhaltenswert. Ja, da diese Institution sogar besser als alle anderen sich im „Kampf gegen das Böse“ bewährte, müsse diese Ordnung gar vorrangig geschützt werden gegen ihre Auflösung! Apologeten und Kritiker der Ordnung der Ehe greifen so auf das selbe Reservoir an Letztbegründungen zurück, weil diese wirklich die öffentliche Religion der postmodernen Gesellschaft ist. Alle anderen moralisch fundierten Urteile sind eben nur noch Privatmeinungen im Brei des unbegrenzten Pluralismuses. Damit wird von den Kritikern wie den Apologeten die eine Wahrheit der Polkitischen Korrektheit anerkannt, sobald sie anfangen, öffentlich zu reden, egal, wie sie sonst privatissimo denken und reden mögen. Der öffentliche Raum aller möglichen Diskurse ist eben durch die Regeln der Poltischen Korrektheit limitiert, das Spielfeld aller möglichen, weil erlaubten Spielzüge so festgelegt.

Aber nun fragen wir uns doch selbstkritisch, ob Intellektuelle, oder um es mit Thomas Bernhard zu formulieren, Gedankenmenschen ( „Frost“), dem Denken eine zu große Rolle zuschreiben, aus sehr verständlichen Gründen. Erinnern wir uns an eine Banalität:zuerst wird der Niedergang der Bedeutung der Familie konstatiert und dann werden secundär Gründe dafür gesucht, ob es denn auch im Sinne eines Werturteiles gut oder nicht gut ist, daß die Ordnung der Familie an Bedeutung verliert. Drängt sich da nicht der Gedanke auf, daß ganz andere Ursachen als die eines weltanschaulichen Denkens die Gründe für diese Entwickelung sind?
Der Autor von Gersdorff weist uns nun selbst hier auf eine interessante Spur. Er schreibt: „Das von der Zeitschrift für Geschichte „Damals“ preisgekrönte Buch [Harald James, Familienunternehmen in Europa] zeigt anhand der Familien De Wendel, Haniel und Falck, wie Familienunternehmen besser als andere in der Lage waren, Revolutionen, Weltkriege und sonstige Umwälzungen zu überleben.“ 4 Was verblüfft an dieser These? Daß diese Form von Wirtschaftsunternehmen in den Zeiten der Globalisierung noch wettbewerbsfähig sein sollen. Nicht nur Leser von Thomas Manns Monumentalwerk „Die Buddenbrooks“ werden das wohl als nostalgische Verklärung der guten alten Zeit vorkommen, so als schriebe ich jetzt, die Zukunft im Lebensmittelhandel gehöre den heißgeliebten „Tante Emma Lädchens“ und nicht den Supermarktketten! Dies Buch ist so wahr, wie Klein- Fritz, der über den Markt rennt, laut schreiend: „Ich hab den Apfel nicht geklaut!“ Nein, das Aussterben des klassischen Familienbetriebes ist gerade ein Moment des Niederganges der Institution Familie! Sowohl auf „Arbeitgeber-“ wie auf „Arbeitnehmerseite“ verliert die Institution Familie ihre Bedeutung aus rein ökonomischen Gründen! Der Familienbetrieb kann eben auf dem globalisierten Markt nicht dauerhaft überleben-die Großen fressen die Kleinen, um es einfach auszudrücken. Die klassisch bürgerliche Familie mit dem Haushaltsvorstand, dem Vater, der durch seine Erwerbstätigkeit allein die Familie ernährte und der Herrin des Hauses, der Ehefrau , die dann das Haus mit den eigenen Kindern leitete, ist selbst zu einem Hindernis, weil zu großen Unkostenfaktor für die Wirtschaft geworden. Denn die Gesamtkosten der Institution Familie werden ja durch den Lohn des erwerbstätigen Vaters erbracht oder, reicht das nicht, gibt der Staat zusätzliche Gelder,um die Familie zu finanzieren. Hohe Lohnkosten oder höhere Steuern zur staatlichen Mitfinanzierung der Familie bedeutet das und das sind für die Wirtschaft in jedem Falle Unkosten. Zudem entzieht die bürgerliche Familie die Frau dem freien Arbeitsmarkt-statt daß sie sich dem zur Verfügung stellt und sich für den Markt adäquat ausbilden läßt, verleitet die klassisch bürgerliche Familie Frauen dazu, ihr Glück in Liebe, Ehe und Familie zu suchen.Diese bürgerliche Frauenrolle in ihrer Zentrierung auf die Familie ist nun für die Entwicklung des Arbeitsmarktes,möglichst viel preisgünstige Arbeitskräfte zur freien Verfügung zu haben, dysfunktional. Zudem sind die Aufwendungen zur Erziehung der Kinder in der eigenen Familie sehr hoch, wenn diese allein durch das Gehalt des Ehemannes bestritten werden sollen. Erst der Regelfall der mitverdienenden Frau erlaubt so die Senkung der Lohnkosten für den Ehemann. Aber das Modell des Zweiverdienerhaushaltes geht nun zu Lasten der Intaktheit der Familie, bürdet dies Modell doch nun der Frau Familie und Berufstätigkeit auf, der Frau, die früher die Garantin des häuslich strukturierten Familienlebens war. Das löst die Institution der Familie auf.
Im sich globalisierenden Arbeitsmarkt als der Entsprechung zum globalisierten Warenmarkt kann nun der Import von Arbeitskräften aus „Billigländern“ die Funktion der Familie als Ort der Heranbildung von zukünftigen Arbeitskräften ersetzen. Mußte einst die Familie leben, damit auch morgen noch Arbeitskräfte dem Markt zur Verfügung stehen, die in Familien erzogenen Kinder, dann ersetzt das jetzt der Import von Arbeitskräften aus der sogenannten 3.Welt. Die „Erziehungskosten“ werden in den Ländern der 3.Welt erbracht und die fertigen Arbeitskräfte dann in die entwickelten Industrieländer exportiert-sodaß die westlichen Länder sich die Entwicklungskosten der Arbeitskräfte einsparen können. Einfacher gesagt: importierte Arbeitskräfte kommen billliger als in so „teuren“ Gesellschaften wie Deutschland selbst herangebildete und ausgebildete Arbeitskräfte.Dem Ideal der Multikulti-Gesellschaft entspricht also der Wille des Verschwindens der bürgerlichen Familie in den hoch entwickelten kapitalistischen Ländern, weil sie hier zu kostspielig sind. Die Bejahung von Homosexehen als Alternative zur bürgerlichen Ehe ist so auch nicht mehr so befremdlich: das sind „Ehen“, die weil in der Regel kinderlos bleibend, eben weniger kosten als bürgerliche Ehen mit Kindern. Sie sollen ähnlich wie die Ehe menschliche Bedürfnisse, sexuelle und emotionale „befriedigen“, aber da sie kinderlos bleiben und keinen Partner so zur Häuslichkeit verführen, statt daß er arbeiten geht, sind sie eben konstengünstiger als bürgerliche Ehen.
Nur, solche Prinitivitäten schätzen Gedankenmenschen nicht; sie und auch ich, wir möchten gerne tiefere und metaphysische Gründe, zumindest Gründe des Denkens sehen, wo doch nur ökonomisch gerechnet und dem dann die Ordnung der Familie geopfert wird!

Die Katholische Sozialmorallehre definierte einst als gerechten Lohn , den der es dem Familienvater ermöglicht, seine Familie zu ernähren. Das ist die klassische Soziallehre der Kirche, damit die bürgerliche Ehe gelebt werden kann. Wenn man dieses Standbein der Soziallehre der Kirche als nicht mehr zeitgemäß ablehnt, darf man sich nicht wundern, wenn auch die Lehre von der Ehe und Familie sich auflöst, weil sie in ihrer klassischen Form immer weniger lebbar wird ob des Willens der Wirtschaft nach möglichst billigen Arbeitskräften!
1Von Gersdorff, Matthias, Familie: Ein Wertbegriff-auch für die Politik, in: derselbe, Ehe und Familie im Sperrfeuer revolutionärer Angriffe,2014,S.36f.
2GegenStandpunkt, (einst Marxistische Gruppe), Der autoritäre Charakter. Aufklärung über die Gründe des Mitmachens“, im Internet abrufbar-Ehre, dem Ehre gebührt: unter den „Linken“ die intelligentesten Denker!
3Von Gersdorff, a.a.O., S. 35f.

4Von Gersdorff, a.a.,O.,S. 35.

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