Donnerstag, 6. November 2014

Ein kleiner Versuch über Sinn(gebung) und Nihilismus

Jesus-die Antwort auf alle Fragen?

Schenkt man Schülern Glauben, so wäre Religion das einfachste Fach in der Schule: was immer auch die Lehrkraft frägt, immer sei die richtige Antwort, Jesus oder die Liebe. Seit dem protestantischen Theologen Paul Tillich suchte nun die moderne Religionspädagogik nach der Frage des Menschen, isb. des Schülers, auf die „Jesus“ und/oder die Liebe die richtige Antwort sei. Es wurde dabei konstatiert, daß der Mensch im Laufe der Zeiten verschiedene Fragen stellte, so der antike Mensch, wie überwinde ich mein Todesschicksal?, der spätmittelalterliche Mensch, wie bekomme ich einen gnädigen Gott? und der heutige, wie finde ich einen Sinn für mein Leben? Auf all diese drei Fragen sei „Jesus“ schon die richtige Antwort; es müsse die Christologie eben so entfaltet werden, daß sie als die Antwort auf diese Frage zu stehen komme. In Predigten vernimmt man manchmal noch einen Nachhall dieser Religionsunterichtkonzeption, wenn dann von orientierungslosen, auf der Suche nach ihrem Lebenssinn befindlicher junger Menschen die Rede ist.

Gustve Flaubert malt uns mit wenigen Strichen das Muster einer solchen Sinnsuche vor Augen in seinem Roman: „November“. Erteilen wir ihm also das Wort.

Was hienieden beginnen? Wovon träumen? Was erschaffen? Sagt es mir doch, ihr, denen das Leben eine Lust ist, die ihr einem Ziel nachstrebt und euch um etwas härmt? Ich fand nichts, das meiner würdig gewesen wäre, und andrerseits fand ich mich für nichts tauglich.Arbeiten, alles einer Idee, einem Ehrgeiz opfern, einem verächtlichen Alltagsergeiz, eine Stellung im Leben erringen, sic einen Namen machen? Und was dann? Warum das alles? Und überdies war mir der Ruhm gleichgültig; der lauteste hätte mich nicht befriedigt, weil er sich niemals der Eintönigkeit meines Herzens gesellt hätte. Ich bin geboren mit dem Wunsche zu sterben.Nichts dünkte mich dümmer als das Leben, nichts schmachvoller, als darin zu verweilen. Wie alle Menschen meiner Zeit bin ich ohne Religion aufgewachsen; das dürre Glück der Atheisten und die ironische Sorglosigkeit der Skeptiker waren mir fremd. Manchmal bin ich, zweifellos aus Laune, in eine Kirche gegangen, um Orgelmusik zu hören und die kleinen Statuen in ihren Nischen zu bewundern; bis zum Dogma jedoch drang ich nicht vor; ich fühlte mich durchaus al+ Nachkomme Voltaires.“1

Soweit Flaubert. Fangen wir ab ovo an: Was meint denn eigentlich Sinn? Entweder, ich tue etwas um seiner selbst willen oder ich tue es, um eines Zieles willen. Ich lese dies Buch, weil ich dies Buch lesen will. Dann ruht der Zweck der Handlung in der Handlung selbst und dies Insichruhen würde der hl. Augustin als das „Genießen“ bezeichnen, das sich einstellt, wenn etwas um seiner selbst willen getan wird. Lese ich das Buch, weil ich eine Prüfung zu bestehen habe über dieses Buch, dann ist das Prüfungsbestehen das Ziel und das Lesen des Buches ein Mittel, um dieses Ziel zu errreichen. Das Buchlesen „genieße“ ich nicht (der hl Augustin), weil ich es nur als Mittel zu einem Zweck außerhalb des Lebens gebrauche. Gebrauchen oder Genießen wären die beiden Zentralbegriffe augustinischen Denkens, um zu unterscheiden, was ich nur tue, um ein Ziel zu erreichen von dem, was ich um seiner selbst willen unternehme. Eine sinnvolle Handlung wäre dann die, die ich um seiner selbst willen tue, während eine Handlung, die ich nur um eines Zweckes außerhalb der Handlung liegend tue, eine in sich sinnlose Handlung wäre. Wäre sie nicht auf dieses Ziel bezogen und nur ob dieses Bezuges wäre sie auch sinnvoll.
Das Empfinden eines sinnlosen Lebens ergäbe sich so gesehen aus dem Gefühl, daß alle meine Taten Taten sind, die nicht um ihrer selbst willen getätigt werden, sondern die auf ein Ziel außerhalb der Taten ausgerichtet ist und daß ein solches Endziel nicht erkennbar ist oder gar nicht existiert. Eine bedeutsame Umformung des einfachen Handlungsschemas hat sich dabei ereignet.Nicht mehr eine Handlung steht im Mittelpunkt des Aufmerksamkeitsinteresses, sondern das ganze Leben eines Menschen wird angesehen als eine Gesamthandlung und es wird gefragt: wie kann diese Gesamthandlung sinnvoll sein? Daß das ganze Leben als ein Projekt betrachtet wird, über das es gilt, zu urteilen, verschiebt selbstredend das Problem. Und damit ist auch schon die prinzipielle-postmoderne- Antwortmöglichkeit auf diese Sinnfrage verortet. Man löse das Gesamtleben in eine beliebige Anzahl von Einzelprojekten auf, und bestimme die als jeweils für sich seiende Unternehmungen, die selbstzwecklich sinnvoll sind und betrachte das Gesamtleben als den Ermöglichungsgrund solcher Einzelprojekte. (Für Sartre war das ganze Leben eines Menschen noch ein Projekt, ein Entwurf-aber warum nicht viele entwerfen, fragt da der postmoderne Mensch.)
Implizite haben wir dabei eine gewichtige Voraussetzung gemacht, daß der Sinn nicht etwas ist, das in den Handlungen selbst ist, sondern daß der Sinn etwas ist, daß wir erst den Handlungen geben. So denken wir eigentlich die Welt der Ereignisse als eine Anzahl von sinnlosen Handlungen, die erst einen Sinn bekommen, durch den, der die Tat vollzog und ihr diesen oder jenen Sinn gab. Oder aber andere Menschen interpretieren die geschehene Handlung so, indem sie ihr einen bestimmten Sinn als Deutung der Handlung geben. Die Handlungen wären so sinnlos, an sich betrachtet-sie können aber durch unseren Akt der Sinngebung zu sinnvollem Tun werden, entweder, indem ich sie als um eines Zieles willen als sinnvoll deute, sodaß dann das Ziel etwas um seiner selbst willen Erstrebtes ist oder ich deute gleich die Handlung als um seiner selbst willen getane.
Aber Flaubert frägt nach dem Ganzen, nach einem Sinn für das ganze Projekt eines menschlichen Lebens. „Alles einer Idee zu opfern“, das ist der Zentralbegriff, bei dem das ganze Leben als etwas Sinnvolles zu stehen kommen soll, indem es eine Idee geben sollte, für die der Mensch sein ganzes Leben aufopfern könnte, um es so als Ganzes zu gewinnen als ein sinnvolles. Nur, es bleibt die Anfrage: warum sich nicht mit der Vorstellung begnügen, das Leben als den Ermöglichungsraum für viele Einzelprojekte anzusehen und somit auch dem Ganzen einen Sinn zu geben? Damit wird eines deutlich! Der so fragende Mensch kann,ohne religiös und metaphysisch zu werden, das heißt, ohne nach einem letzten Zweck des Ganzen zu fragen, Antworten auf die Sinnfrage sich geben. Nur wo metaphysisch nach einem letzten Ziel des ganzen Lebens gefragt wird, dort erst öffnen sich die Tore des Antworthimmels der Religion für den Frager.

Aber meint Sinn nicht eher, daß das Gesuchte in der Welt der Handlungen ist, und daß es nun für den Beobachter und diese Welt Bedenkenden gilt, den da verborgenen Sinn zu finden? Der hl. Augustin setzt hier ein, indem er eine objektive Ontologie des Seienden entwirft mit der Unterscheidung des Einen, das nur um seiner selbst willen ist und der Vielen, die nur um des Einen willen sind. Das Eine ist Gott, die Vielen das von Gott Geschaffene, daß er um seinetwilen geschaffen hat. Jetzt kann das Viele, weil es ontologisch nur um des Einen willen ist, also nicht selbstzwecklich ist, auch nur als Mittel gebraucht werden und es darf nur das Eine, weil es allein selbstzwecklich ist, um seiner willen allein genossen werden. Der Sinn von den Vielen ist ihr Sein für das Eine. Und darin haben die Vielen ihren Sinn und der Mensch findet in seiner bewußten Ausrichtung auf Gott seinen Sinn. Er entwirft ihn nicht, sondern er findet ihn als von Gott her gegebenen vor. So gesehen ist tatsächlich die Religion der Ort der Antwort auf die Frage nach dem letzten Sinn des Lebens.
Aber ein Einwand muß nun noch reflektiert werden. Was spricht denn dagegen, dem Leben als den letzten Sinn zu behaupten und mein Leben als Teilhabe an diesem Leben zu werten? Etwas, was um seiner selbst willen getan wird oder ist, das ist das, das den Sinn in sich trägt. Aber Nietzsche belehrt uns hier, daß das bloße Dasein, auch das Ganze des Lebens ohne Sinn ist, solange wir ihm diesen nicht geben! Nietzsche formuliert das so: „Unsere neue Welt: wir müssen erkennen, bis zu welchem Grade wir Schöpfer unserer Wertgefühle sind-also Sinn in die Geschichte legen können.“2Offensichtlich gibt es keinen Sinn, wenn er nicht hineingelegt wird. Die Religion sagt so, daß Gott der Sinngeber des Lebens ist, er gibt dem Leben als Ganzes und somit auch dem Einzelleben Sinn. Wenn wir Gott streichen, dann müssen wir die Rolle des Schöpfers übernehmen und selbst dem Leben Sinn einhauchen. Denn der von uns gefundene Sinn ist immer nur entweder der Sinn, den wir dem Leben eingeben oder den Gott dem Leben eingegeben hat. Geben wir Nietzsche noch einmal das Wort: „Ein Ding an sich ebenso verkehrt wie ein Sinn an sich, eine Bedeutung an sich. Es gibt keinen Tatbestand an sich, sondern ein Sinn muß immer erst hineingelegt werden, damit es einen Tatbestand geben kann.“3

Nun stehen wir vor der Frage: worin besteht denn nun der Sinn des Lebens als Ganzes und meines Lebens im Besonderen? Und jetzt können wir schon sagen, daß wir einen Sinn in dem Leben und auch in unserem eigenen nur finden können, wenn wir danach fragen, welchen Sinn Gott dem Leben gegeben hat. Oder wir müssen sagen, daß wir etwas eigentlich Sinnlosem etwas einhauchen müssen, was es an sich nicht in sich trägt. Und hier erahnen wir dann auch schon den Grund des Scheiterns dieses religionspädagogischen Konzeptes, indem es auch den von Gott eingegebenen Sinn des Lebens als Deutungsleistung des persönlichen Glaubens auffaßt im Sinne von: Gläubige deuten ihr Leben als sinnvoll, indem sie es als von Gott Gegebenes verstehen und bejahen. Wenn der christliche Glaube nur noch eine mögliche Deutung des Lebens ist, dann ist er auch nichts anderes als ein Sinngebungsakt eines an sich sinnlosen Lebens.Wenn dann noch das Ideal der Tolerierung aller möglichen und unmöglichen Sinngebungen des Lebens in dies Konzept eingetragen wird, dann haben wir wieder den politisch korrekten Unterricht: jeder akzeptiere die Sinngebung des Anderen, denn keine ist objektiv wahr sondern immer nur subjektiv.

Aber wenn nun an der Objektivität des Sinnes festgehalten werden soll: das Leben hat Sinn, weil Gott ihm Sinn eingegeben hat, wie erkennt dann der Mensch diesen objektiven, ihm vorgegebenen Sinn? L. Lütkekaus kommt in seinem dieser Frage gewidmeten Buch „Nichts“ zu dem Ergebnis, daß es für das philosophische Denken keinen erkennbaren Sinn des Lebens gebe und es so auch keinen Grund dafür gäbe, dem Nichtsein (dem Tode) das Leben vorzuziehen.4 (Dies ist wohl auch der tiefere Grund, warum so leidenschaftlich für das Recht auf den Freitod und das Recht auf eine Beihilfe zum Freitod gestritten wird.)
Wenn man den Schülern glaubt,müßte die korrekte Antwort im Religionsunterricht Jesus und die Liebe heißen.Aber stimmt das auch? Jesus Christus beantwortet uns die Frage: was muß ich tuen, um das ewige Leben zu gewinnen. Er entfaltet uns einen „Weg des Heiles“, bestehend aus der objektiven Komponente, was hat er für unser Heil getan und der subjektiven, was müssen wir tuen, um das Heil zu erlangen. Die Voraussetzung dieser Erlösungslehre ist aber schon, daß wir den Sinn des Lebens im ewigen Leben, im Sein bei und mit Gott, bzw. im Reiche Gottes sehen. Er offenbart uns, wie wir das Ziel dann erreichen. Wie nun aber, wenn das Ziel uns selbst fraglich geworden ist? Frägt ein Religionslehrer die Schüler, ob es erstrebenswert ist, ewig zu leben -im Himmel gar, oder in innigster Gemeinschaft mit Gott, mehr als ein müdes Abwinken wird darauf nicht erfolgen. Wenn aber das Ziel schon nicht mehr attraktiv ist, wie sollte dann der Weg zu diesem Ziel, die Kreuzesnachfolge noch auf ein Interesse stoßen?Denn die Kreuzesnachfolge ist ja nicht in sich der Sinn des Lebens, sondern nur das Mittel, um das Ziel, den Sinn des Lebens zu erreichen. Wenn aber das nicht mehr bejaht wird, dann muß plötzlich die Kreuzesnachfolge als das sinnvolle Leben in sich expliziert werden. Das geht sicher daneben. Faktisch wird aber der Begriff des Sinns des Lebens in der Religionspädagogik eher als Alternative zur Verheißung des ewigen Lebens angewendet.
Wer die Frage, was habe ich zu tuen, um das ewige Leben zu erreichen, nicht mehr als sinnvolle Frage verstehen kann, dem wird gesagt, daß mit dieser-etwas antiquiert formulierten Frage-gemeint ist: wie kann mein Leben sinnvoll werden? Das hat dann die Folge, daß der Weg der Kreuzesnachfolge als Entwurf für ein sinnvolles Leben zu stehen kommen müßte und nicht mehr als der Weg zu dem sinnvollen Leben. Douglas Adams hat wohl in seinem unverkennbar englischen Humor Jesus als Angebot für ein sinnvolles Leben im Sinne modernen Religionsunterrichtes so zusammengefaßt: „nachdem ein Mann an einem Baumstamm genagelt worden war, weil er gesagt hatte, wie phantastisch er sich das vorstelle, wenn die Leute zur Abwechslung mal nett zueinander wären“.5Das sinnvolle Leben im Sinne Jesu bestünde also darin, daß wir Menschen mal versuchen, alle zueinander lieb und nett zu sein. Politisch korrekt darf man dann eingrenzend hinzufügen, natürlich gilt das für Asylanten, Menschen mit Migrationshintergrund und Behinderte, aber nicht für alle politisch Unkorrekten, wie Fundamentalisten, Tradiotionalisten, Islamphobisten, Rechte ...aber trotzdem sind das noch so viel Nächste, sodaß dann die obligatorische Schülerantwort lautet: warum sollte ich zu wem nett und lieb sein, den ich nicht leiden kann? Und lebenspragmatisch betrachtet hat diese Schülerantwort manches für sich im Gegensatz zu diesem humanistischen Universalismus, der nur die Feinde der Politischen Korrektheit ausschließt.
Wenn Jesus Christus der Lehrer der Gerechtigkeit ist, dann hat diese Lehre für uns potentielle Schüler nur einen Sinn, wenn wir es als unser Ziel ansehen, gerecht zu sein. Der religiöse Hintergrund dieser Lehrerberufung Jesu Christi ist natürlich die Vorstellung von einem göttlichen Endgericht über alle Menschen. Nur die, die da in den Augen Gottes als Gerechte zu stehen kommen, werden dabei ins ewige Leben eingehen, die anderen in die ewige Verdamnis. Wird dieser Hintergrund, vor dem Jesus als der Lehrer der Gerechtigkeit wirkt, als nicht mehr Schülern vermittelbar wegrationalisiert, als pure Mythologie, dann haben wir einen Weg ohne Ziel vor uns. Warum soll es dann sinnvoll sein, gerecht zu sein, wenn oft die Ungerechten besser leben als die nach Gerechtigkeit Strebenden? Der Sinn des Lebens würde so-implizite-der des Gutlebens sein und es müßte der Unterricht andemonstrieren, daß gerade ein Leben, als Streben nach Gerechtigkeit ein Garant für das Gutleben sei. Aber das wird keinen Hedonisten als nach einem Gutleben überzeugen können.

Es drängt sich der Verdacht auf, daß die Frage nach dem Sinn des Lebens, und der Klage, es habe alles keinen Sinn, die Manifestation einer Kultur in der Phase ihrer Dekadenz ist, und gar nicht die metaphysische Frage des Menschen ist.Das würde heißen, daß jede Religion, auch die christliche den Willen des Menschen zum Leben als Voraussetzung in sich haben und somit gar nicht auf diese Frage eine Antwort enthalten, weil die Frage schon außerhalb des Raumes der Religion ist. Nur in Zeiten des geschwächten Lebenswillens frägt der Dekadenzmensch, ob nicht das Nichtsein dem Leben vorzuziehen sei. Und dann findet er in den Religionen keine ihn ansprechende Antwort, weil diese Frage keine der Religion ist. Aber könnte nicht doch aus der Religion nun eine Antwort auf diese Frage gefunden werden? Nehmen wir den Kandidaten des ewigen Lebens als Antwort. Inwiefern gibt die Verheißung des ewigen Lebens dem, der ernsthaft frägt, wozu überhaupt leben, eine Antwort?Wenn nun das Gewicht auf das ewig in und mit Gott leben gelegt wird, was bedeutet das dem, dem das Nichtsein vorzüglicher als das Sein erscheint? Die Krise aller Religionen durch den Nihilismus nehmen wir noch nicht ernst genug, wenn wir diese Möglichkeit des Neinsagens zum Leben als die „sinnvolle“ Antwort des Menschen auf sein fragliches Dasein nicht ernst nehmen. Oder sollten wir nun doch auf die Standardantwort des Religionsunterrichtes, die der Liebe zurückgreifen: mein Sinn des Lebens besteht in dem Geliebtwerden. Das klingt nun gut, aber es hat auch seinen Pferdefuß. Da nimmt sich der Mann ein Herz und wagt es, ihr zu sagen: „Ich liebe dich!“ und sie sagt-im realen Leben, nicht im Liebesroman: „ich dich nicht!“. Geliebt werden will der Mensch nur von dem, den er auch liebt, sonst ruft das: „Ich liebe dich!“ beachtliche Beziehungsprobleme hervor. Nun könnte eingewandt werden, daß das bei der göttlichen Liebe ganz anders sei. Der Sinn des Lebens bestünde nun gerade in dem von Gott Geliebtwerden. Das könnte eine sinnvolle Antwort sein, wenn Gott nicht ein Synonym für das Lieben und das Geliebtwerden wäre. In der traditionellen Lehre von Gott war Gott mehr als das Lieben und dann inkludierte das: Gott liebt dich, daß Gott für Menschen ihr Gott war, der sie z.B. ins ewige Leben führt, der für die Seinen sorgt und sie bewahrt....aber wenn Gott nur noch das Lieben ist, dann fällt das auch als mythologische Vorstellungen weg, denn Gott „handelt“ nicht in der Welt-er liebt nur.

Könnte es sein, daß die Frage nach dem Sinn des Lebens, wenn das denn noch eine Frage im Religionsunterricht ist oder sein soll, viel tiefer und abgründiger zu beantworten ist in unseren Zeiten der Dekadenz?(Nebenbei: es könnte einen Zusammenhang zwischen unserer Dekadenzkultur und dem Phänomen geben,daß gerade der militante Islam mit seiner Vorliebe für Selbstmordattentaten auf so fruchtbaren Boden gerade auch in Westeuropa stößt!) Die abgründigere Frage hieße: warum will Gott menschliches Leben und warum ist gerade dieser Grund der Sinn unseres Lebens? Und diese Frage meint dann etwas ganz anderes als daß ein Jesus von Nazareth mal vorgeschlagen habe, daß wir es mal mit Zueinander-Nett-Sein-versuchen sollten, wie Adams das humanistisch sich verstehende Christentum so feinsinnig persifliert. Aber das sprengt dann bei weitem die Konzeption von:Jesu Leben ist die Antwort auf unsere Sinnfrage. Es ist nämlich eine metaphysische Frage nach dem Sinn des geschaffenen Lebens für Gott. Und die zu erörtern, würde den Rahmen dieses kleinen Essays sprengen-also später in diesem Theater Gottes, was wir Leben nennen!
1Flaubert, Gustave, November, übers. Ernst Sander, 1946, S.36f.
2Nietzsche, F. , Aus dem Nachlaß der Achtzigerjahre, in: Friedrich Nietzsche, Werke IV, hersg: Karl Schlechta, 1984, S.918.
3Nietsche. F.,a.a.O. S.487.
4Lütkehaus, L., Nichts. Abschied vom Sein. Ende der Angst, 1999.

5Adam, Douglas, Per Anhalter durch die Galaxis,übers. Benjamin Schwarz, 17.Auflage 1993, S.7.

1 Kommentar:

  1. Guten Tag Herr Lay! Haben Sie die Frage, deren Beantwortung den obigen schönen Essay gesprengt hätte, inzwischen noch einmal aufgegriffen? Vielen Dank! Gruß, Theresa B.

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