Freitag, 31. Oktober 2014

Ein Jesuit wurde Papst-ist die Demokratiesierung der Morallehre etwas Jesuitisches

Der demokratisce Angriff auf die Kirche-
oder der Kampf um die katholische Morallehre

Worüber sprechen die Bischöfe der Synode : „Die pastoralen Herausforderungen der Familie“? Die KNA weiß das genau: „ Nicht nur über wiederverheiratete Geschiedene.Die grundsätzlichere Frage lautet: Wie soll die katholische Kirche damit umgehen, dass viele Katholiken große Teile der offiziellen Lehre über Familie, Ehe und Sexualität ignorieren oder ablehnen. Außer wiederverheirateten Geschiedenen sind weitere Einzelthemen etwa gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften; Patchwork Familien oder künstliche Empfängnisverhütung.“1 Zum Schluß fiel der KNA dann noch ein, daß es auch um die Weitergabe des christlichen Glaubens an die Kinder und um eine Verbesserung der Hilfe für Familien ginge. Formulieren wir es klarer: es ging um die Pille, den Homosex und ob im Ehebruch Lebende die Kommunion empfangen dürfen-und am Rande noch ein bißchen über Glaubensvermittlung. Und so kapriziert sich dieser „Vorbericht“ dann auf die eine Frage: „Dürfen nach der Synode wiederverheiratete Geschiedene wieder zur Kommunion gehen?“ Hoffnung wird signalisiert. Schnelle Reformen seien nicht zu erhoffen, weil es zu viele „Gegner von Reformen“ gäbe, isb: „Müller ist als Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation nach dem Papst der oberste Hüter der Glaubenslehre:“ Dem stünden die Reformer, „in Abstimmung mit dem Papst“ gegenüber und der habe das letzte Wort. So sieht die KNA die Welt und die Bischofssynode. Dabei hieß die Synode: „Die pastoralen Herausforderungen in Hinblick auf die Familie im Kontext der Evangelisierung“! Aber nach Meinung von der KNA ging es wohl eher um die Frage, wie weit die Kirche sich der Welt und den weltlich gesinnten Kirchenmitgliedern anzupassen bereit ist als um die Frage der Evangelisierung!

Aber bei diesem Zerrbild der Synode blieb es nicht. Jansen (KNA) ergreift nun selbst das Wort, um der Synode zu zeigen, wo es lang geht! Getreu der Maxime: Am Wesen der Welt wird die Kirche genesen“ , beginnt er seinen Angriff auf die Katholische Kirche so: „Ein Unternehmen, das auf seinen Produkten sitzenbleibt, verordnet sich eine strategische Neuausrichtung, eine Partei, deren Wahlprogramm bei ihren Stammwählern nicht mehr ankommt, vollzieht eine Richtungsänderung.“ So gut geht es in der Welt in der freien Marktwirtschaft und in der Politik zu, wenn diese gemäß den Prinzipien der Marktwirtschaft gestaltet wird. Der Endverbraucher als Käufer oder als Wähler bestimmt so, was die Unternehmer und Parteipolitiker anbieten. Besorgt wird nun gefragt: „Doch was kann die katholische Kirche tun, wenn sie merkt,dass eine Mehrheit der Gläubigen ihre offizielle Lehre zu Familie, Ehe und Sexualität in vielen Punkten ignoriert oder gar ablehnt?“ Die „offizielle Lehre“ klingt schon nach etwas Negativem und jeder Leser assoziiert wohl dabei: daß eine Institution „offiziell“ etwas zu einer Sachlage erklärt, daß aber realiter die Sachlage anders sei. Aber dabei bleibt der Kirchenkritiker nicht stehen: Er weist gleich auf die richtige Lösung: „Hier ist der Kunde König, da ist das Volk der Souverän“, um dann anzufragen: „aber welche Bedeutung hat die Lebenspraxis einfacher Katholiken für die kirchliche Morallehre?“ Sie sollte natürlich die haben, die in der Marktwirtschaft der König Kunde und in der Demokratie das Volk als der Souverän innehat.

Damit das nun erreicht werden kann, wird das 2. Vaticanum in der Deutung von dem Jesuiten Karl Rahner ins Spiel gebracht. Herbert Vorgrimmler hat das Anliegen Rahners prägnant in seiner Rahner Lektüre 2013, „Die Lehrautorität der Gläubigen“, zusammengefaßt. Wir ahnen es jetzt schon. Die Gesamtheit der Gläubigen, das Konzil zitierend, „kann im Glauben nicht irren“, erklärt Jansen und meint damit den Kunden als König, oder das Volk als Souverän der Kirche. Aber so schnell geht es doch nicht. Der „Glaubenssinn“ besteht nämlich im Konsensus der Bischöfe mit dem Volk der Kirche und nicht daran, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt die bloße Mehrheit der Kirchenmitglieder einhellig etwas meint. Aber hier soll nun Rahner weiterhelfen. In seinem Aufsatz: „Offizielle Lehre der Kirche und Gläubigkeit des Volkes“ wird gefragt, was es bedeutet, wenn die Mehrheit der Gläubigen eine Lehre der Kirche ignoriert oder gar ablehnt. Jansen frägt so: „Ist es vorstellbar, dass das Lehramt eine Lehre zurücknimmt oder stillschweigend in den Hintergrund treten lässt, die sich jahrzentelang unter den Gläubigen nicht durchgesetzt hat?“ Das läßt jeden Reformer aufatmen: „Nach Rahner hat es in der Kirchengeschichte sogar Fälle gegeben, in denen sich die einfachen Gläubigen dem kirchlichen Lehramt verweigert haben und sich ihr eigener neuer Vorschlag schließlich durchgesetzt hat. Als Beispiel nennt er die Säuglingstaufe. Die frühere Auffassung, dass der Säugling aufgrund der Erbsünde ohne Taufe dem Teufel ausgeliefert sei, sei von dem Verständnis der Taufe als Aufnahmeritus der Kirche verdrängt worden.“ Bei Vorgrimmler liest sich das so: „Die zweite Stufe ist eine Verweigerung, der ein eigener neuer Vorschlag folgt. Ein Beispiel ist die Säuglingstaufe. In weiten Kreisen unserer Kirche wird das Behaupten einer Erbsünde abgelehnt, aus Ehrfurcht vor dem Gottesbild und als Respekt vor dem menschlichen Gewissen. Darum wird die Redeweise von dem erbsündigen Säugling, der ohne Taufe für immer und ewig verloren und dem Teufel ausgeliefert sei, aufgegeben, der Ritus wird als Aufnahme in die Kirche verstanden.“2 Zudem: „ Auch die Rede von der Hölle wird revidiert. Unser Gott unterhält keine jenseitigen Konzentrationslager,“3.Also, es habe schon einmal in einer gewichtigen Frage das Volk die Lehre der Kirche besiegt, indem das Sakrament der Taufe durch den „Glaubenssinn“ des Volkes beseitigt worden und durch einen der Taufe ähnlichen Aufnahmeritus ersetzt worden sei! Wenn das das Volk geschafft habe, dann wird es wohl auch die (Sexual)Morallehre der Kirche schaffen, abzuschaffen! Zumal es ja im Falle des Neins zu Verhütungsmitteln, Rahner verweist auf das Verbot durch „Humanae vitae“, schon gelungen sei, diese Lehre faktisch außer Kraft zu setzten durch ihre Nichtbefolgung! Und hoffen dürfen die Reformer , weil der Jesuitenpapst dem wohlwollend assistiert, auch wenn da noch der Reformgegner Müller und wie wir jetzt wissen afrikanische Bischöfe, die noch nicht auf den Höhen des Jesuiten Rahner wandeln, sich leider noch querstellen.

Der „Glaubenssinn des Volkes“ soll so die Lehre der Kirche, wenn schon nicht theoretisch, so doch faktisch außer Kraft setzen können. So wie eben in der kirchlichen Praxis das Sakrament der Taufe-bei theoretisch bestehen bleibender Lehre-abgeschafft sei und durch ein Aufnahmeritual ersetzt worden ist, so könnte doch auch die (Sexual)Morallehre der Kirche theoretisch bestehen bleiben, aber faktisch abgeschafft werden. Das meint dann die These, daß die Lehre nicht geändert werden würde, nur die pastorale Seelsorge eben differenzierter praktiziert werde.
Vorgrimmler benennt dann einen weiteren, gravierenden Grund für den Wandel für die Morallehre der Kirche: „Wenn z. B. die Kirche noch heute durchschnittlich den Eindruck macht, die Verkünderin moralischer Alternativen zu sein, unter denen der Mensch zu seinem Heil oder Unheil auswählt, wenn dieser Eindruck faktisch primär ist und alle Verkündigung der erlösenden Tat Gottes dagegen doch nur als sekundär empfunden wird,gleichzeitig aber faktisch die reale Heilsangst der Menschen gegenüber früheren Zeiten doch stark abgenommen hat und der Mensch sich nicht so sehr vor Gott schuldig empfindet, sondern eher verlangt, Gott müsse sich wegen seiner von ihm bewirkten schrecklichen Welt verantworten, könnten dann nicht solche Beobachtungen zu sehr bedeutsamen Akzentverschiebungen in der amtlichen Verkündigung führen, ohne daß die Kirche ein bisher verkündigtes Dogma leugnen müßte.“4 Um es einfacher zu sagen: einst glaubten die Menschen, daß es zwei Wege gäbe, der,der ins ewige Leben führe, und das sei der von der Kirche gewiesene Weg einschließlich der kirchlichen Morallehre, und den anderen Weg, der ins ewige Verderben führe, so glaubten das die jetzigen Mitglieder der Kirche nicht mehr und darum müsse die Moral der Kirche anders als bisher begründet werden oder aufgegeben werden, wenn sie nur als Weg zum ewigen Heil verstehbar wäre.

Erst diese Vorrausetzung, daß das Ziel der kirchlichen Morallehre nicht mehr die Frage ist: Wie habe ich zu leben, um das ewige Leben zu erreichen?, ermöglicht es ja modernistischen Theologen, die Abschaffung der gesamten Katholischen Morallehre zu fordern, um sie durch eine autonome im Sinne des Philosophen Kant zu verlangen. Denn die Vernunft kann wohl die Frage beantworten, wie der Mensch zu leben habe, damit er menschlich lebt, aber nicht: was muß ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?. Denn Gott allein bestimmt ja die Einlaßbedingungen für das ewige Leben und die sind nicht durch rein vernünftiges Denken erkennbar, weil schon das Ziel, das ewige Leben ein die Vernunft übersteigendes Erkenntnisobjekt ist und auch die Bedingungen dafür von Gott frei gesetzt sind. Aber was sind dann genau die Kriterien für eine vernünftige Morallehre, wenn das Ziel des moralischen Handelns nicht mehr das Erreichen des Zieles des ewigen Lebens ist. Zur Veranschaulichung: wenn Jesus Christus lehrt, daß die Kreuzesnachfolge der Weg zum ewigen Leben ist, dann ist die Kreuzesnachfolge gewiß nicht der Weg, durch den die Idee eines humanen Lebens realisiert wird. Aber was wären dann die Kriterien einer Morallehre für ein humanes Leben. Auch dafür finden wir in den Reformagenden keine Aussagen-nur, das implizite Vorgrimmler recht gegeben wird, daß das Ziel der moralischen Lebens nicht mehr das ewige Leben ist. Theologisch wird das in der Regel mit der Liebe Gottes begründet, die unbedingt jedem Menschen gilt, sodaß er in dieser göttlichen Liebe lebend das ewige Leben erst gar nicht durch eine Nachfolge Christi zu gewinnen zu versuchen braucht, weil es ihm sozusagen umsonst geschenkt wird. Deshalb sei die traditionelle Morallehre erledigt, weil das Ziel, auf das sie hin konzipiert ist, überflüssig geworden ist. Der Mensch braucht nicht mehr moralisch zu leben, um eingehen zu dürfen in das ewige Leben. So weit Vorgrimmlers Dekonstruktion der Katholischen Morallehre.

Aber was setzt man denn nun positiv dem realiter entgegen? Einfach nur, daß die Kirche zumindest ihre pastorale Praxis der Art und Weise, wie die Kirchenmitglieder leben, anzupassen habe! Erinnern wir uns des Einstieges von Jansen: Jeder Unternehmer paßt seine Warenproduktion der Nachfrage an und stellt so die Produktion unverkäuflicher Waren ein. Jede politische Partei verändert ihr Programm, wenn es für ihr bisheriges Programm nicht oder zu wenig gewählt wird. Zu beachten ist, daß allein der Käufer oder Wähler über den „Gebrauchswert“ einer Ware entscheidet-kauft er oder wählt er das ihm Angebotene. Die Vorstellung von etwas, das wahr ist, und deshalb den Menschen angeboten wird, ist in dieser marktwirtschaftlichen geprägten Vorstellungswelt völlig fehl am Platze. Oder man müßte sagen, daß „wahr“ ist, was der Konsument kauft und „unwahr, was er nicht kauft. Morallehren, theologische Lehren, Wissenschaften überhaupt sind so gesehen Fremdkörper in einer marktwirtschaftlich orientierten Welt, weil ihr „Gebrauchswert“ der ist, objektiv wahr zu sein, unabhängig von der Anzahl der Käufer dieser Wahrheiten. Man könnte jetzt urteilen, daß ein Spezificum der Postmoderne das ist, daß nun auch wissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien gemäß den Regeln der Marktwirtschaft produziert werden. Als „wahr“ gelten nun Morallehren, die beim Lesepublikum ankommen und die dann auch wirklich praktiziert werden.

Aber dieser Gedanke soll hier jetzt nicht vertieft werden, auch wenn laut Kath net ein evangelischer Unternehmerverein behauptet, daß Christentum und Marktwirtschaft aufs engste zusammengehörten, sodaß ohne das eine nicht ohne das andere sein könne. Wahr ist das Gegenteil: orientiert sich die Kirche nach dem Ideal der Marktwirtschaftsideologie, ruiniert sie die Wahrheit des Glaubens, indem sie den Glauben zu einer Ware macht, deren Inhalt durch die Nachfrage der Konsumenten bestimmt wird.

Es soll hier nun aber einer anderen Spur nachgegangen werden, nämlich der von: der Jesuit und die Wahrheit. Warum? Es fällt ja auf, wie sehr in den Medien gerade der hl. Vater zu dem Hoffnungsträger hochstilisiert wird, von dem man Reformen der Kirche erwartet. Leicht wäre es nun, einfach, den Papst, wie er wirklich ist, von dem Papstbild der Medien zu unterscheiden und einfach zu urteilen, daß der Papst ganz anders sei, als es uns die Medien darstellten. Nur, ist dem so? Warum können den die Medien ihn so „verzerrt“ darstellen. Im Vordergrund steht in den Medien das Bild des reformwilligen Papstes, dem Conservative Widerstand entgegensetzen. Könnte es sein, daß zwischen dem heutigen Verständnis von „Reform“ und der jesuitischen Spiritualität eine Affinität besteht, so daß deshalb dieser Jesuitenpapst auch zum Reformpapst hochstilisierbar ist? Fangen wir mit diesem Anfangsverdacht an, zu fragen.

Was versteht man dabei unter „Reform“? Drei Bedeutungsgehalte müssen wir dabei unterscheiden:
a) die „reaktionäre“ Vorstellung. Hier ist die Vorraussetzung die, daß es einen normativ gesehen guten Anfang gab, von dem sich etwas wegentwickelt hat im negativen Sinne als Entfremdung und die Ursprungsgestalt wieder herzustellen sei. Das aus der Form Geratene soll in seine Ursprungsform zurückversetzt werden.Reaktionär ist diese Vorstellung, wenn man die Idee des Fortschreitens als Prozeß der permanenten Selbstoptimierung versteht und jedes Beharrenwollen bei dem, wie es jetzt ist als „conservativ“ und als „progressiv“ versteht, wenn man gemäß der Entwicklung voranschreiten will.
b) aus der Sicht der Fortschrittsideologie dagegen wird der Begriff der „Reform“ dann gegen ihre Wortbedeutung uminterpretiert zu: Reform meint das Mitgehen mit dem allgemeinen Fortschritt und das Alte überwinden durch das Neue, das weil es neu ist, auch immer das bessere ist. So definierte in der Politik die Linke den Begriff der Reform bis zum Kanzler H. Schmidt als Fortschritt im allgemeinen Entwicklungsprozeß zum Besseren hin.
c)die antiidealistische Deutung: hier meint der Begriff der Reform das Anpassen des Wünschbaren an das Mach-und Finanzierbare! Reform meint immer Realpolitik statt idealistische Ziele. Das ist der Reformbegriff seit dem SPD-Kanzler Schmidt und seit dem gibt es in allen politischen Parteien „Reformflügel“, die ein Mehr an Anpassung an die Realität fordern, statt das ideele Ziele des Parteiprogrammes zu realisieren seien. Ideologe wird dann zum Schimpfwort-weil das ein Denken ist, daß die Realität an Ideen orientiert umgestalten will, während Realpolitiker als Antiidealisten die Realität so akzeptieren, wie sie ist und die Anpassung der Politik an die Realien fordert.

Offenkundig meint im heutigen kirchlichen Sprachgebrauch der Begriff der Reform das, was im politischen Raum seit dem Kanzler Schmidt unter „Reform“ verstanden wird: die Einpassung an die Realität zulasten von ideelen Ansprüchen: so sollte es sein.Was hat nun das Jesuitentum mit diesem Reformverständnis gemeinsam, lautet nun die weiterführende Fragestellung. Was wahr ist, verkündet und lehrt die Kirche, weil es wahr ist. Das kann als der Grundsatz des hl. Thomas, des Kirchenlehrers der Kirche benannt werden. Der hl. Ignatius von Loyola dagegen lehrt: weil es die Kirche lehrt, ist es wahr. Wahrheit ist die Setzung durch eine Autorität. Die höchste Autorität ist Gott und der Papst als der autoritative Ausleger dessen, was Gott will. Deshalb ist die höchste Tugend die des Gehorsames der Autorität gegenüber. Das ist die Substanz der jesuitischen Spiritualität: ihr Kadavergehorsam. Der Ordensgründer versteht darunter: wie ein toter Mensch sich nicht mehr selbst bewegen kann sondern er nur noch von anderen bewegt werden kann, so soll jeder Jesuit auf jede eigenverantwortliche Bewegung verzichten und sich nur bewegen, wenn es ihm sein Oberer befiehlt. Das Leben soll so ein einziger Akt des Gehorchens werden. Die Autorität befiehlt und was sie befiehlt ist wahr, weil es die Autorität befiehlt. Hier ist das Wahrsein von dem Befohlensein völlig entkoppelt: nicht gibt es etwas an sich Wahres, das dann befohlen wird, sondern das Wahre entsteht erst durch die autoritäre Setzung: das hat jetzt als wahr zu gelten.
Welcher Autorität gehorcht nun ein Jesuit, wenn er selbst Papst geworden ist? Um diesen Problem zu entgehen, hat die Kirche bis jetzt nie einen Jesuiten zum Papst gewählt! Jetzt tat sie das! Fragen wir anders: wem gehorcht den ein heutiger Jesuit? Vorkonziliar dem jeweiligen Papst, zumindest der Theorie nach, würde man respondieren! Aber nachkonziliar? Es drängt sich ein Verdacht auf: gehorchte früher der Jesuit dem Papst, so jetzt der „Realität“-das was ist, und wie es ist, das ist ihm die Welt in Gott und der hat er zu gehorchen! Wenn im wissenschaftlichen Denken die Vorstellung herrscht, daß unter wahr verstanden wird, daß eine Aussage der Realität entspricht und die Prüfung der Wahrheit einer Aussage darin besteht, ihren realistischen Charakter zu überprüfen, dann überträgt man das auf die Morallehre. Die Moral soll zeigen, was Menschen und Christen im Besonderen unter moralisch leben verstehen und es so auch leben. Die Theorie, die Morallehre hat dann das wahrhaftig wiederzugeben.Und wenn die Praxis der Theorie nicht entspricht, dann muß die Theorie geändert werden, denn das Reale ist die normative Autorität für das theoretische Denken. Auch für die Glaubenslehre soll das gelten. Die dogmatische Theologie frägt, was die Gläubigen wie glauben und das soll nun die Norm für die Lehre der Kirche sein. Darum begeistert sich der Jesuit Rahner so für den Glaubenssinn der Gläubigen, weil der nun die Autorität des Faktischen ist. Weil die Mehrheit der Gläubigen nichts mehr von der Erbsündenlehre wissen will, ist sie ad acta zu legen und weil man nichts mehr von Kindern wissen will, die erst durch die Taufe rein werden, läßt man auch das weg und ersetzt die Taufe durch ein Aufnahmeritual in die Kirche. Nicht, weil die Erbsündenlehre der Kirche unwahr wäre, ist sie aus dem Verkehr zu ziehen, sondern nur allein darum, weil sie beim Volke nicht mehr ankommt. Die Autorität., der dieser Jesuit gehorcht, ist so die der Realität des Was das Volk jetzt glaubt und was es nicht glaubt. Das ist vielleicht der tiefste Gedanke der Theologie Rahners, der dabei ganz jesuitisch bleibt in dem Formalismus des Gehorchens. Der Autorität ist zu gehorchen, nicht weil sie das Wahre lehrt, sondern das, was sie sagt ist wahr, weil sie es lehrt. Und wenn nun die letzte Autorität nicht mehr der Papst sondern in demokratisch empfindenden Gesellschaften der König Kunde oder das souveräne Volk ist, dann ist eben das jetzt die Vox dei. Reform kann so nur noch Realitätsanpassung meinen. Und in diesem Formalismus des Gehorchens steckt viel ignatische Spiritualität, nämlich die des Kadavergehorsames!

Mit dieser kleinen Betrachtung ist nichts über die persönliche, die bestimmte Frömmigkeit des hl. Vaters Franziskus gesagt, aber der Boden, auf dem er steht. Und so ist es auch verstehbar, daß gerade Jesuiten die heutigen Vorreiter der Reformbewegung in der Kirche sind, die am energischten die Einpassung der Kirche in die Welt, so wie sie ist, fordern. Die Welt, so wie sie ist, das ist die Autorität, der der moderne Jesuit gehorchen will. Und das könnte auch den jetzigen Papst prägen. Ein Denkmensch wie der emeritierte Papst Benedikt XVI. will die Welt gemäß der Wahrheit gestalten und darum sind Denker immer Idealisten-der realistische Jesuit dagegen will das theologische Denken und dann auch das moraltheologische der Realität anpassen, weil ihm das Reale das Normative ist und nicht das ideele Denken. Und was hat das mit Demokratie zu tun? Ganz einfach: wenn der „Glaubenssinn“ der Kirchenmitglieder bestimmt, was faktisch in der Kirche gilt, dann herrscht die Demokratie in der Kirche und der König, Jesus Christus ist entthront-sein Leib wirft ihn als sein königliches Haupt ab. Mit der Guillotine enthauptete das französische Volk ihren König, ihr Haupt um dann den Bauch zur Herrschaft zu führen- das ist die demokratische Volksherrschaft. Und die soll nun auch in der Kirche eingeführt werden.


1Alle Zitate: Die Bischofssynode, die Umfrage und die Lehre vom Glaubenssinn. Unfehlbarkeit der Gläubigen?, im Altöttinger Liebfrauenbote Nr.41-12.Oktober 2014, S.3, Thomas Jansen KNA , zukünftig Jansen oder: Worüber sprechen die Bischöfe? KNA, zukünftig: KNA.
2Vorgrimmler, Herbert, Die Lehrautorität der Gläubigen, Rahner-Lekture 2013.
3Vorgrimmler, Herbert, a.a.O.

4Vorgrimmler, Herbert, a.a.O.

Mittwoch, 29. Oktober 2014

Gottes Vollkommenheit und das Gebet

Gottes Vollkommenheit und das Gebet

Eine unkonventionelle Betrachtung zur Vollkommenheit Gottes
oder ist Gott so vollkommen, daß Gott um etwas zu bitten, ein sinnwidriger Akt ist?

Zur Vollkommenheit Gottes

Ob ein Wesen ist, das als Gott zu bezeichnen ist, das ist umstritten, aber Theisten und Atheisten wie auch Agnostiker stimmen in der Vorstellung, was man sich unter Gott vorzustellen habe, überein:
Gott meint das Vollkommene. A. Kreiner hat nun in seinem fundamentaltheologisch orientierten Buch: Das Antlitz Gottes1 zu bestimmen versucht, was der Theist wie der Atheist unter Gott versteht, wie ein der Vernunft verpflichtendes Denken den Begriff Gott expliziert und ob es vernünftige Gründe gibt, von diesem so gedachten Gott zu prädizieren, daß er existiert. Wesentliches Kriterium des Denkens Gottes ist es nun nach Kreiner, ob Gott widerspruchsfrei gedacht werden kann.

Denn etwas, was nicht widerspruchsfrei gedacht werden kann, von dem kann nicht prädiziert werden, daß es sein kann, weil etwas nicht Mögliches nicht wirklich sein kann. Die Kritik an der Allmacht Gottes ist bekannt2: Wenn Gott allmächtig ist, kann er dann einen Stein schaffen, der so schwer ist, daß Gott ihn nicht heben kann? Könnte er diesen Stein nicht schaffen, wäre er nicht allmächtig, weil er etwas nicht könnte. Könnte er solch einen Stein schaffen, wäre Gott nicht allmächtig, weil es nun etwas gäbe, was Gott nicht könnte, nämlich diesen Stein zu heben. Daraus wird konsekutiert, daß der Begriff der Allmacht ein nicht widerspruchsfrei zu denkender Begriff sei, so daß es kein Wesen geben könne, von dem Allmächtigkeit zu prädizieren sei.

Kreiner erwidert diese feinsinnige Argumentation mit der These, daß Gott auch als Allmacht nicht als Hervorbringer von Zuständen in Anspruch genommen werden kann, die als unmöglich, weil sich
selbst widersprechend nicht beschreibbar sind. Gott kann nicht einen rechteckigen Kreis schaffen und auch nicht die Unmöglichkeit eines nicht von einem allmächtigen hebbaren Steines, denn dieser
Stein ist so unmöglich wie ein rechteckiger Kreis. Im Hintergrund steht die in sich einsichtige These, daß nur etwas, was möglich ist, auch wirklich sein kann und die erhellbaren Bedingungen des Möglichen sind so auch die Limitierungen von wirklichem Sein. Kreiner sagt deshalb: „Für jeden widerspruchsfrei beschreibbaren Zustand Z gilt, dass Gott die Macht hat, Z zu aktualisieren.“3

Zwei Fragen sollen nun andiskutiert werden:
a) ist Gottes Vollkommenheit widerspruchsfrei zu denken, so daß Vollkommenheit als existierend gedacht werden kann und
b) kann die Praxis des Bittgebetes widerspruchsfrei gedacht werden unter der Prämisse, daß Gott als Vollkommenheit zu denken ist.

In der Lehre von der göttlichen Vollkommenheit ist zwischen zwei Konzeptionen zu distinguieren.Es ist zwischen der ontologischen und der moralischen Vollkommenheit Gottes zu unterscheiden.Der Kerngedanke der ontologischen Vollkommenheit besagt, daß Gott als Sein ohne Mangel zu denken sei. Moralische Vollkommenheit setzt den freien Willen als Vermögen voraus, gut oder böse kontingent wollen zu können, so daß das Gute Wollen dem Subjekt als moralisch relevante Entscheidung zugesprochen werden kann. Ein moralisch vollkommenes Wesen wäre so eines, das immer das moralisch Gute will. Wenn Gott als das zu denken ist, über das nichts Vollkommeneres zu denken ist, dann muß Gott die ontologische wie die moralische Vollkommenheit zugeschrieben werden.Kreiner fragt nun „ob die Handlungen einer allmächtigen und allwissenden Person moralisch qualifizierbar sind.“ 4Allmacht und Allwissenheit sind dabei Elemente der ontologischen Vollkommenheit Gottes, die die Möglichkeit einer moralisch qualifizierbaren Tat des ontologische vollkommen gedachten Gottes in Frage zu stellen scheinen.

„Der Grund hierfür hängt damit zusammen, dass die ontologische Vollkommenheit an Wissen und Macht eine unabdingbare Voraussetzung moralischer Qualifizierbarkeit unterminiert. Ein an Wissen und Macht vollkommener Gott könnte aufgrund seiner Natur nämlich in jeder Situation immer nurdas Beste tun. Definitionsgemäß weiß er, was das jeweils Beste wäre. Außerdem besitzt er die uneingeschränkte Macht, das Beste auch zu verwirklichen. Ein ontologisch vollkommenes Wesen scheint somit niemals die Möglichkeit zu haben, auch anders handeln zu können. Bestünde aber niemals die Möglichkeit, dass Gott auch anders handelt, dann wäre keine seiner Handlungen frei.“ 5
Wenn die Handlung aber nicht frei gesetzt ist, sondern notwendig sich aus der vollkommenen Natur
Gottes ergäbe, dann kann das nicht als eine moralisch qualifizierbare Tat verstanden werden.„Es wäre also moralisch überhaupt nicht qualifizierbar.“6 Die Freiwilligkeit des Gewollten ist die notwendige Bedingung seiner moralischen Bewertbarkeit. Und unter Freiwilligkeit ist hier immoraltheologischen Sinne zu verstehen, kontingent das Gute oder das Nichtgute wählen zu können.

Wenn Gott aber die moralische Vollkommenheit so abgesprochen werden müßte ob seiner ontologischen Vollkommenheit, stünde Gott selbst als ein defizitär gedachtes Wesen da, denn es fehlte ihm nicht nur die moralische Vollkommenheit, er wäre moralisch überhaupt nichtqualifizierbar. Und so wäre ein Wesen denkbar, das vollkommener als Gott wäre, nämlich jedes,von dem ein moralisch relevantes Verhalten aussagbar wäre. Zudem stellte sich die Frage, ob Gott noch widerspruchsfrei als das Vollkommene zu denken wäre,wenn Gott als ontologische Volkommenheit gedacht es verunmöglichen würde, Gott als moralisch qualifizierbares Wesen zu denken.

Die klassische Lösung

Die klassische Lösung soll abbreviaturhaft anhand von L.Otts Standarddogmatik nachgezeichnet werden. Es ist schwer, ein zweites Werk zu finden, indem so klar und so präzise der Glaube der Katholischen Kirche expliziert wird, wie im Grundriß der Dogmatik von Ludwig Ott. Darum soll dieser Dogmatik nun das Wort gegeben werden. Die ontologische Vollkommenheit Gottes wird in den Paragraphen 11 bis 27 der Gotteslehre expliziert.7 Dabei werden bestimmte potentielle Prädikate Gott abgesprochen, weil sie der Vollkommenheit Gottes widersprechen würden. „Von der göttlichen Freiheit ist jede heschöpfliche Unvollkommenheit fernzuhalten. Sie darf darum nicht als libertas contrarietatis aufgefaßt werden, d.h. Als Freiheit, zwischen gut und Böse zu wählen; denn die Möglichkeit, das Böse zu wollen, ist zwar ein Zeichen der Freiheit, aber nicht das Wesen der Freiheit, bedeutet vielmehr Unvollkommenheit.“8
Damit ist ausgesagt, daß die göttliche Freiheit nur darin bestünde, immer nur das Gute wollen zu können, denn das Nichtgute wollen zu können, wäre ein Mangel an Gutsein und soetwas ist nicht inGott. In moralischer Hinsicht hat dieses aber zur Konsequenz, daß Gott, weil er notwendig immer nur das Gute wollen kann, im strengen Sinne des Wortes kein moralisches Handeln zuschreibbar ist.
Wenn nun auf den analogen Sprachgbrauch verwiesen werden sollte, daß Gottes Moralität eben eine andere sei als die kreatürliche, so daß nur von der menschlichen gelten würde, daß ihm eine Tat als moralisch wertvoll zusprechbar sei, wenn er sie freiwillig gesetzt hätte und das hieße, daß er auch das Böse hätte vollziehen können, daß aber Gott auch dann moralisch wirke, wenn er nicht anders als gutwollend handeln könne, so muß respondiert werden,daß hier der Begriff des Moralischen äquivok benutzt würde. Er wäre so sinnlos9Die klassische Dogmatik will, um der Vollkommenheit Gottes willen, das Unvollkommene von Gott ausschließen und das heißt im moralischen Raume, das Nichtgute, vernichtet dabei aber unfreiwillig auch Gottes Vermögen zum Guten, denn das Vermögen zum Guten ist moralphilosophisch gesehen notwendigerweise auf die Möglichkeit, nicht das Gute wollen zu können, angewiesen. Nur wer das Nichtgute kann, der kann das Gute im moralischen Sinne.

Dieses zu bestreiten,hieße den Begriff der Moral in der Gotteslehre äquivok zur menschlichen Moralität zu verwenden und ihn so jedes Aussagegehaltes zu entleeren. Wenn es in Otts Dogmatik heißt: „Die Allmacht Gottes besagt, daß er alles bewirken kann, was er wollen kann, d.i. Alles Wirkliche und Mögliche“10, dann soll damit ausgeschlossen werden, daß Gottes Allmacht das Nichtgute wollen kann, aber damit wird auch die Möglichkeit Gottes genichtet, das Gute im moralischen Sinne zu wollen. Besonders deutlich wird dieses an dieser Aussage:„Die Sündelosigkeit Gottes ist darum nicht bloß ein tatsächliches Freisein von der Sünde (impeccantia), sondern eine innere (metaphysische) Unmöglichkeit zu sündigen (Unsündlichkeit, impeccabilitas).“11 Von einem Wesen, das nicht sündigen kann, kann selbstredend auch nicht eine Sündlosigkeit prädiziert werden. Schweigen kann nur, wer sprechen kann.

En passant seien die Folgen dieser Theorie für die Christologie angedeutet: Von Jesus Christus als dem Sohne Gottes nach seiner göttlichen Natur wäre nicht mehr aussagbar, daß er dem Vater gehorsam gewesen wäre, denn die denknotwendige Präsumption für die Aussage des Gehorsames ist das kontingente Vermögen zum Ungehorsam. Würde jetzt die Möglichkeit zum Ungehorsam als ein Mangel in der göttlichen Vollkommenheit qualifiziert, müßte vom Gottessohn ausgesagt werden, daß er ob seiner Natur nicht anders konnte als zu gehorchen und das würde den Begriff des Gehorsames vernichten, so daß nicht mehr vom Gehorsam des Sohnes gesprochen werden könnteund das hieße, daß die Vorstellung der Verdienste Christi nach seiner göttlichen Natur zum sinnlosen Begriff würde. Christus könnte nur nach seiner menschlichen Natur verdienstliche Werke
wirken. Diekamp bestimmt als eine der Bedingungen für ein verdienstliches Werk: „Das verdienstliche Werk muß frei sein,d.h. Es darf weder äußerem Zwange noch innerlicher Nötigung unterliegen:“12 Kann das vom Werke Christi nach seiner göttlichen Natur ausgesagt werden, wenn es doch gelten würde, daß er ob seiner vollkommenen göttlichen Natur gar nicht anders könnte als zu gehorchen?

Diekamp muß dann auch einräumen, daß ob des Unvermögens Christi zum Sündigen der Eindruck entstehen könne, daß er zu keiner sittlichen Tat fähig gewesen wäre. „Es könnte nun scheinen, daß die Unmöglichkeit zu sündigen die sittliche Freiheit Christi beeinträchtigt und seine Fähigkeit, durch sein Leiden und Sterben uns das Heil zu verdienen , aufgehoben habe.“13 „Viele Theologen sind in der Tat der Meinung, der Gottmensch habe einem eigentlichen Gebote des Vaters gegenüber die zu verdienstlichem Handeln nötige Freiheit nicht besessen.“14 Damit wäre aber das gesamte Erlösungswerk Christi in Frage gestellt! Die Behauptung, „er leistete Gehorsam, den er nicht versagen konnte, und litt und starb dennoch mit völlig freiem Willen“15 kann nicht überzeugen, denn wenn unter dem Nichtversagenkönnen nicht eine moralische sondern physische Unmöglichkeit verstanden wird, es ist ihm ob seiner Natur nicht möglich, wider den Willen Gottes zu handeln, dann fehlt diesem naturbedingten Gehorsame jede sittliche Qualität. Christus gehorchte nicht, er hätte nur funktioniert wie eine göttliche Maschine ohne eigenen freien Willen. Ott behauptet, daß Christus wenn er auch nicht gegen das Gebot des Vaters handeln konnte, „ so hat eres doch nicht gezwungen, sondern mit freier Willenszustimmung erfüllt.“16 Nur kann nicht von einer freien Willenszustimmung gesprochen werden, wenn die göttliche Natur ihn dazu determiniert hat, zuzustimmen, da er ob dieser Natur gar nicht anders sich entscheiden konnte. Kreiner stellt zu recht fest, daß von einer freien Willensentscheidung nur zu sprechen ist, „wenn der Handelnde selbst die Ursache seiner Entscheidung ist und nicht seine Charakterdisposition, seine Natur oder seine Umwelt.“17 Dieser Exkurs über die Folgen der These der ontologischen Vollkommenheit zeigen, daß die Infrsagestellung des moralischen Handelnkönnens Gottes für die gesamte Soteriologie die verhängnisvollsten Folgen zeitigt (Jesus Christus ist die Verdienstursache der Rechtfertigung!18 ) und darum ernsthaft diskutiert werden muß.

Kann Gottes ontologische Vollkommenheit in Einklang mit seiner moralischen Volkommenheit gedacht werden? Kann von Gott, damit er im moralischen Sinne das Gute wollend gedacht werdenkann, prädiziert werden, daß er auch das Nichtgute wollen könnte, ohne daß dieses seine ontologische Vollkommenheit einschränkt. Oder muß auf den Begriff der moralischen Vollkommenheit in der Gotteslehre verzichtet werden, weil eine Moralität, die nicht freiwillig realisiert wird, nicht als Moralität qualifizierbar ist. Kreiner muß zugestimmt werden, wenn er urteilt: „Sittlich signifikante Willensfreiheit setzt nicht notwendig voraus, daß das Böse tatsächlich
gewählt wird, wohl aber die Möglichkeit, das Böse wählen zu können. Ohne diese Möglichkeit liegt kein sittlich relevanter Freiheitsspielraum vor.“19 Wenn Musil in seinem Opus: „Der Mann ohne Eigenschaften“ tiefsinnig feststellt: „Schließlich besteht ja das Ding nur durch seine Grenzen und damit durch einen gewissermaßen feindseligen Akt gegen seine Umwelt“20 dann bedeutet diese Einsicht auf das Gebiet der Moral übertragen, daß das Gute nur durch sein Gegenteil, das Nichtgute
ist, wie jedes nur durch seine bestimmte Verneinung als etwas Bestimmtes ist.
Der vollkommene Gott und das Gebet

Bevor diese Frage erörtert werden soll, soll nun ein Blick in eine eigentümliche Problematik des Gebetslebens getätigt werden.

Die provokannte These lautet, daß es der Vollkommenheit Gottes widerspricht, wenn ein Gläubiger Gott um etwas bittet. Der Beweis lautet:
A) Gott will immer das Vollkommene.
B) Wenn der Gläubige Gott um etwas bittet, dann ist das, worum er bittet, entweder selbst das
Vollkommene oder etwas davon Verschiedenes.
C)Gott wirkt immer das Vollkommene, unabhängig davon, um was der Gläubige bittet.
D)Gott kann ob seiner Vollkommenheit kein Gebet erhören, wenn darunter verstanden wird, daß Gott etwas will, das er nicht gewollt hätte, wenn er nicht darum gebeten worden wäre. Gott
kann keine Gebete erhören ob seiner Vollkommenheit, denn jede Änderung von Gottes Wollen
wäre eine Verminderung des Vollkommenen, das er nur wollen kann.

(Nebenbei sei angemerkt, daß dem Verfasser wirklich Theologen begegnet sind, die ihm mit diesem Argument begründet haben, warum sie keine Bittgebete mehr sprechen würden! ) Statt das Bittgebet so als unsachgemäßes Verhalten dem vollkommenen Gott gegenüber aufzugeben, präsentieren modernistische Theologen eine völlige Entkernung des Bittgebetes, so daß nur noch die äußerliche Fassade stehen bleibt. Exemplarisch sei dies an H. Schallers Lexikonartikel „Gebet“
veranschaulicht21 Das Gebet wird als „zweckfreies Tun“22 bezeichnet. „Der erlöste, voraussetzungslos geliebte Mensch kann das Geschenk seines Daseins betend bejahen und darf so, auch ohne rechtfertigende Tat, vor seinem Gott bestehen.“23 Daß Gott den Mensch voraussetzungslos liebt kommt hier als Folge der Vollkommenheit der göttlichen Liebe zu stehen.Daß der Mensch betet, kann dann an der Beziehung Gottes zum Betenden nichts ändern, denn die Qualität der Beziehung Gottes zum Menschen ist volkommen unabhängig von dem, wie der Mensch sich zu Gott verhält. Deshalb ist das Gebet zweckfrei. Unter Zweck wird dabei verstanden, daß der Betende die Hoffnung hegt, daß sich durch sein Beten das Verhalten Gottes zu ihm ändert,daß ihm von Gott etwas gewährt wird, was ihm nicht gewährt werden würde, betete er nicht. Das wäre ein zweckorientiertes Beten. Das Bittgebet ist so auch nach Schaller ein zweckfreies Tun!
Nicht bittet der Beter in dem Vertrauen, daß Gott ihm ob des Gebetes etwas gewährte, was er ihm nicht gewähren würde, betete er nicht. Bei Schaller heißt das so: „Diese dem Gebet vorangehende Zugeneigtheit Gottes zum Menschen offenbart sich als sein Wille, uns an seinem Wirken teilnehmen zu lassen. Der Mensch ist eingeladen, frei- aktiv wie passiv- auf den Heilsplan Gottes einzugehen und sich auf ihn abzustimmen. Der Ort, wo dies erfahren wird und mit der ganzen Existenz vollzogen werden kann, ist das Bittgebet.“24 Nicht tritt durch das Gebet eine Willensveränderung in Gott ein, er ist so vollkommene Liebe, daß er sich nicht ändern kann,sondern im und durch das Bittgebet verändert sich ausschließlich der betende Mensch. Das Bittgebet wirkt nur auf den veränderlichen Menschen und es kann auch nur auf ihn wirken, weil nur er die Potenzder Veränderlichkeit besitzt. Konsequent wird dann die Absage an das Verständnis des Bittgebetes, daß Gott um etwas gebeten wird, formuliert: „So verstanden braucht Gott weder zum Geben motiviert noch in Bewegung gesetzt zu werden. Es ist unnütz, irgendein Eingreifen Gottes (welch deeistischer Ausdruck!) in dieser Welt zu erwarten; so als ob für den Menschen zusätzliche Hilfe nötig und für die Welt nachträgliche Korrekturen am Platze wären.“25 Weil Gott als vollkommene Liebe immer schon allem Beten des Menschen zuvorkommend in der Welt ist, den Menschen zugewandt, kann diese Proexistenz Gottes gar nicht zum Wohle des Menschen durch ein Bittgebet verändert werden. Einfacher gesagt: Gott verhält sich immer schon vollkommen gut zum Menschen, so daß jede Bitte nicht nur überflüssig sondern auch, wenn sie erhört werden würde, nurzum Nachteil des Menschen. Gott würde sein optimales Verhalten, veranlaßt durch ein Gebet nur zum weniger optimalen verändern können, wenn er denn überhaupt sein Verhalten verändern kann.
Gott ist so vollkommen, daß er nicht eingreifen kann und so kann er auch keine Bittgebete erhören,wird unter der Erhörung verstanden, daß Gott dem Beter etwas gewährt, was er ihm nicht gewährt hätte, wenn der Mensch nicht gebetet hätte. „Das bittende Gebet- „Dein Reich komme!“- ist das Wagnis, in dem der Mensch sich Gottes Nähe öffnet und sie durch sein Leben wirken läßt:“26
Durch das Gebet kann nur der Betende durch sein Gebet verändert werden. Das Beten wird zu einer
rein immanenten psychologisch aufhellbarern Tat, die in Hinsicht auf Gott völlig sinnlos ist. So ist
der Adressat des Bittgebetes faktisch, wider den äußeren Schein, der Beter selbst, der darauf hofft, daß er sich durch sein Beten verändert. Der Zusammenhang zwischen der Vorstellung der göttlichen Vollkommenheit verstanden als Unvermögen zu einer Willensänderung und der These, daß deshalb nur der Mensch als veränderbarer durch das Gebet verändert werden kann, ist offensichtlich. Selbstredend darf dabei die Veränderung des Menschen durch das Gebet nicht auf Gottes Wirken zurückgeführt werden, denn dann hätte das Gebet ja ein kontingentes Einwirken Gottes veranlaßt,aber genau dies wird von Schaller ja vehement abgelehnt: Gott kann nicht in seine vollkommenen Schöpfung eingreifen, auch nicht, um Menschen zu öffnen für seine Botschaft. Der Gott, so vorgestellt, stirbt an seiner Vollkommenheit. Wie kann Gott als vollkommen und doch auch als Gebete erhören könnender Gott gedacht werden? .


Ein Lösungsversuch

Kann Gottes ontologische Vollkommenheit so gedacht werden, daß sie nicht notwendigerweise, wenn auch ungewollt, die moralische nichtet und so Gott als unvollkommen weil bar jeder Moralität denkt und kann dann noch das, was überall und zu allen Zeiten Gläubige taten und tun, Gott um etwas zu bitten als sinnvolle katholische Praxis begriffen werden, wenn und obgleich Gott vollkommen ist?

Der Verfasser möchte diese Frage beantworten mit der These, daß der Grund dieses Problemkomplexes in einer sehr fragwürdig- problematischen Verhältnisbestimmung zwischen dem göttlichen Erkenntnisvermögens und der Bestimmung des freien Willens sich gründet.Wenn Gottes Erkenntnisvermögen immer das Wissen des Guten inkludiert, dessen was das Beste ist in Betug auf jede denkbare Situation, dann darf nicht gefolgert werden, daß der göttliche Wille als freier durch das Erkannte determiniert wird. Die Freiheit des Willens besteht darin, das vom Erkenntnisakt als das Gute Erkannte frei erwählen oder auch nicht erwählen zu können. Würde das vom Erkennen Erkannte den Willen bestimmen, so daß der Wille, wenn das Erkennen etwas als gut erkannt hat, dann nur noch das als gut Erkannte wollen könnte, dann wäre er kein freier Wille.Ontologisch geurteilt ist der freie Wille Gottes nur dann als freier Wille vollkommen gedacht, wenn er auch das Nichtgute wählen kann, denn wäre diese Wahlfreiheit dem Willen nicht zu eigen,würde er durch das als gut Erkannte determiniert und wäre so kein freier Wille. Einen freien Willen nicht zu haben, wäre aber ein Defizit in Gott. Gott könnte ohne einen freien Willen keine moralisch relevanten Handlungen setzen und das wäre seine moralische Unvollkommenheit. Dies wäre aber auch eine ontologische, weil ein unfreier Wille, ein durch das Erkannte determinierter, weniger wäre als ein freier.

Anselm von Canterbury vertritt in seinem Werk: „Über die Freiheit des Willens“ eine entgegengesetzte Position. Die Meinung des Schülers, die Willensfreiheit bestünde in dem Vermögen, zu sündigen oder nicht zu sündigen, widerlegt Anselm durch die These, daß von Gott prädziert wird, daß er nicht sündigen könne und daß er einen freien Willen habe. Da unter dem Begriff des freien Willens bei Gott und dem Menschen nicht etwas völlig Verschiedenes gemeint sein dürfe, könne der freie Wille nicht im Vermögen, das Gute zu tun oder nicht zu tun, bestehen.Gottes Wille wäre als freier zu begreifen, auch wenn er nur gut wollen könne. Anselm fragt: „Welcher Wille (voluntas) erscheint dir freier: einer, der so nicht sündigen will und kann, daß er auf keine Weise von der Rechtheit, nicht zu sündigen, abgebracht zu werden vermag, oder einer,der auf irgendeine Weise zum Sündigen bewogen werden kann?“27 Dieses Argument vermag nicht zu überzeugen, denn der Komparativ „freier“ ergibt nur in handlungstheoretischem Sinne von Freiheit einen Sinn, (wie frei bin ich, das Gewollte zu verwirklichen) und nicht im Bereich der Willensfreiheit, denn hier gilt, daß entweder der Wille sich frei bestimmt oder nicht.Zudem wird der moralische Begriff des Guten technisch mißverstanden. Eine Maschine, die immer nur gut funktioniert und nicht störanfällig ist,ist besser als eine störanfällige aber für ein moralisch veantwortliches Handlungssubjekt gilt, daß ihm etwas nur als gutes Wollen zuschreibbar ist, wenn es dieses Wollen kontingent selbstständig hervorgebracht hat und das hat es nur, wenn es auch die Potenz in sich hat, nicht gut zu wollen. Ein Subjekt, das nur gut wollen könnte im moralischen, nicht in einem technisch- funktionalen Sinne, könnte gar nicht im moralischen Sinne gut wollen.

Wenn Gott als freier Wille gedacht wird, heißt das, das er vollkommen gut ist, weil und nur weil er kraft des freien Willens moralisch gut immer das Gute frei will.

Kreiner diskutiert selbst diese Lösungsmöglichkeit. „Ein radikaler Lösungsvorschlag für dieses Problem besagt, dass Gott nur kontingenterweise moralisch vollkommen ist, was bedeuten würde,dass es im weitesten Sinn durchaus logisch möglich wäre, dass Gott unmoralisch handelt bzw. sündigt. Die Verehrungswürdigkeit Gottes beruht dann nicht darauf, dass er so handelt, wie er aufgrund seiner Natur handeln muss, sondern darauf, dass er gut handelt, obwohl es grundsätzlich in seiner Macht stünde, auch anders zu handeln.“28 Kreiner kritisiert diese Lösung mit der These,daß es der ontologischen Vollkommenheit Gottes widerspräche, daß Gott, das Gute wissend und erkennend und es vermögend, es doch nicht wolle, denn das Nichtwollen des Guten wäre die denknotwendige Voraussetzung der These, daß Gott auch das Nichtgute wollen könnte. Eindeutigversteht Kreiner hier den Willen als durch das Erkannte determinierbar. Wenn das Gute erkannt ist, könne der freie Wille nicht mehr etwas anderes wollen als das als das Gute. Damit ist aber der freie Wille negiert, denn er kommt hier als ein durch das Objekt des Erkennens determinierter zu stehen. Wenn aber das Gute den freien Willen zum guten Wollen determiniert, so daß der Wille gar nicht anders kann als gut zu wollen, wäre er ein ge- und bezwungener Wille, der so nicht mehr als ein freier begriffen werden kann. Und ohne freien Willen kann es keine Moralität geben. Aber keinen freien Willen zu haben, wäre auch ein ontologischer Mangel an Gott.

Wird diese These auf die katholische Gebetspraxis des Bittgebetes appliziert, ist das Problem der ontologischen und der moralischen Vollkommenheit in Hinsicht auf das Vermögen Gottes, Bittgebete zu erhören, gelöst. Weil der Wille Gottes als ontologisch vollkommener frei ist, kann er Gebete erhören, denn er handelt nicht notwendig gütig, Gott ist nicht durch seine Natur determiniert sondern er kann kontingent handeln und so Gebetsanliegen in die Maximen seines Handelns aufnehmen. Nur der nichtdeterminierte göttliche Wille ist so frei, daß er das Bitten der Gläubigen aufnehmen kann. Wenn Gott aber durch seine Natur als determiniert gedacht wird, dann und nur dann kann er nicht mehr gedacht werden als ein Gott, der Gebete erhören kann.

Es soll hier auf keinen Fall die antikatholische Position der Entgegensetzung des Gottes der Philosophen und des Gottes der Bibel das Wort geredet werden, als verböte der philosophisch gedachte Gott die Möglichkeit der Gebetserhörung, so daß nun Zuflucht zum Gotte der Bibel gesucht werden müsse um der katholischen Gebetspraxis willen, sondern es soll zum Abschluß die These aufgestellt werden, daß ein inadäquates Verständnis der Freiheit des Willens erst das Problem der Nichterhörbarkeit von Gebeten und des Nichtmoraltät Gottes hervorruft, indem der freie Wille als durch das als gut Erkannte determiniert gedacht wird und so die Freiheit des göttlichen Willens genichtet wird. Erst der so unfrei gedachte göttliche Wille kann keine Gebete Gläubiger mehr erhören und kann selbst nicht mehr sittlich relevant handeln.

Eine Abschlußbetrachtung:

Täglich wird in der hl.Messe gebetet, Herr erbarme dich! Wenn Gott als vollkommen zu denken ist im klassischen Sinn und sein Verhalten zu Anderem durch seine vollkommene Natur bestimmt ist,kann Gott dann anders als sich erbarmend verhalten? Entweder ist das Sicherbarmen das der göttlichen Natur gemäße Verhalten zu Anderem, dann kann nicht mehr gedacht werden, daß er sich anders als erbarmend verhält oder aber es wäre kein seiner vollkommenen Natur gemäßes Verhalten, dann könnte er sich nicht erbarmend zu Anderem verhalten. Oder es müßte präsumiert werden, daß das Sicherbarmen oder das Sichnichterbarmen indifferent zur göttlichen Vollkommenheit verhielte. Die Präsumption widerspricht aber offenkundig dem Verständnis von göttlicher Vollkommenheit. Selbstredend betet nur der: Herr, erbarme dich, der a) glaubt, daß Gott sich erbarmen kann und daß er auch das Erbarmen verweigern kann und der b) glaubt, daß von Gott vorstellbar ist, daß er sich nicht in einer bestimmten Angelegenheit erbarmen würde, wenn er nichtgläubig um sein Erbarmen gebeten worden wäre. Das ist der Kern des Glaubens an einen persönlichen Gott. Diese liturgische Praxis muß nun selbst auch die Norm für die dogmatische Refexion der Gotteslehre bilden. Es kann nicht eine Lehre der Vollkommenheit Gottes als wahre Gotteslehre gelten, die diese katholische Gebetspraxis als sinnwidrige Praxis bestimmen würde.Wenn Gott aber durch seine vollkommene Natur als determiniert zu betrachten wäre, würde die gesamte Gebetspraxis als problematisch abergläubisch zu stehen kommen. In Anlehnung an Kreiner kann das Problem so erfaßt werden: Wie kann ein ontologisch vollkommenes Wesen ein menschliches Gebet erhören, „wenn es doch immer das Beste tun muss und daher nicht frei sein kann.“29
Der hier vorgeschlagene Lösungsansatz lautet, daß der freie Wille verstanden werden muß als nicht durch das Erkennen determiniert. Nur so ist er als freier Wille gedacht und dann kann von ihm ausgesagt werden, daß er, indem er das als gut Erkannte frei erwählt, einen sittlich relevanten Akt gesetzt hätte. Bestünde die Vollkommenheit des freien Willens aber gerade darin, daß wenn etwas als gut erkannt worden ist, nichts anderes als dieses Gute erwählen zu können, dann würde dieser
Determinismus die sittliche Qualität der Wahl des Guten nichten und den freien Willen selbst auch nichten. Wenn aber von Gott zu prädizieren wäre, daß er nicht freier Wille ist, dann wäre Gott nicht als Vollkommenheit gedacht! Und es könnte die katholische Gebetspraxis des Bittgebetes nicht mehr als ein sinnvolles Handeln begriffen werden.





1Kreiner, A., Das wahre Antlitz Gottes 2006
2Vgl: Kreiner, Das wahre Antlitz Gottes S.309-311.
3Kreiner, A., Das wahre Antlitz Gottes S.310.
4Kreiner, A. Das wahre Antlitz Gottes 2006 S.440.
5Kreiner, A., Das wahre Antlitz Gottes S.440.
6Kreiner,A. Das wahre Antlitz Gottes S.440.
7Vgl: Ott, L. Dogmatik 11.Auflage 2005 S.62- 90.
8Ott, L.,Dogmatik S.84.
9Vgl: Kreiner, A., Das wahre Antlitz Gottes S.75- 109.
10Ott, L. Dogmstik S.85.
11Ott, L- Dogmatik S.89.
12Diekamp, F. Dogmatik Bd II 11/12 Auflage 1959 S.577.
13Diekamp, F. Dogmatik Bd II S.277.
14Diekamp, F. Dogmatik Bd II S.277.
15Diekamp, F. Dogmatik Bd II S. 278.
16Ott,L., Dogmatik S. 252. Die von Ott aufgestellte Behauptung, das Konzil zu Konstantinopel habe 553 die Lehre verurteilt, daß Christus erst nach seiner Auferstehung unsündlich war, weil er dieses von Anfang an gewesen sei,
stimmt leider in diesem sonst so zuverlässigem Buch nicht mit der angegebenen Quelle DH 434 überein.
17Kreiner, A. Gott im Leid S.217.
18Vgl: DH 1528.
19Kreiner, A., Gott im Leid 2005 S.257.
20Musil;R. Der Mann ohne Eigenschaften 1.Buch, 7.Kapitel.
21Vgl: Schaller, H. Gebet, in: Neues Handbuch theologischer Grundbegriffe Bd 2 1984 S.26- 34.
22a.a.O. S. 32.
23a.a.O. S.32.
24a.a.O. S.33.
25a.a.O. S.33.
26a.a.O. S.33.
27Anselm von Canterbury, Vier Traktate Wahrheit und Freiheit Christliche Meister Bd 15 1982 S.71.
28Kreiner, A., Das wahre Antlitz Gottes S.442.

29Kreiner, A. Das wahre Antlitz Gottes S.443.

Dienstag, 28. Oktober 2014

Ein erfolgreicher Angriff auf das Christentum, oder die Vernebelung von Avalon!

Feuer frei- auf das Christentum-
oder eine neue Kirchenlehrerin?

Marion Zimmer Bradley erzählt in einem großen Epos, „Die Nebel von Avalon“ von der guten alten Zeit, der untergegangenen, als das Christentum kam und alles zerstörte. Im Gewand einer Nacherzählung der König Artus Sage malt die wirklich schriftstellerisch talentierte Autorin ein lebendiges Heidentum uns vor Augen, das seinem Feind, dem Christentum erlag. Der Kontrast: heidnisch-christlich bildet so den Hintergrund der großen Erzählung mit ihren Helden und ihren tragischen Schicksalen. Hier soll jetzt nur der Hintergrund interessieren. Denn in diesem Hintergrund eingeschrieben ist auch eine „Reformagenda“ für das jetzige Christentum: was müßte sich ändern, damit die christliche Religion wieder für uns heutige Menschen akzeptabel wird? In eigentümlicher Weise werden dabei die Normen postmodernen Denkens in die „vorchristliche“ Religion projiziert mit dem Anspruch, daß eine Rückbesinnung auf dies Gute das beste Therapeuticum für das Jetzt ist.

Ganz im Geiste der Postmoderne ertönt es gleich im Prolog: „Denn das wissen die Priester [die christlichen]mit ihrem Einen Gott und der Einen Wahrheit nicht: Die eine wahre Geschichte gibt es nie und nimmer. Die Wahrheit hat viele Gesichter, und die Wahrheit ist wie der alte Weg nach Avalon: Es hängt von deinem Willen und deinen Gedanken ab, wohin der Weg dich führt. Es hängt von dir ab,ob du am Ende die Heilige Insel der Ewigkeit errreichst, [Avalon als Ort gelebten Heidentums] oder ob du bei den Mönchen [den christlichen] mit ihren Glocken, ihrem Tod, ihrem Teufel, ihrer Hölle und ihrer Verdamnis ankommst...“1 Christentum heißt erstmal, daß es nur die eine Wahrheit gibt und daß der, der sich ihr nicht unterwirft mit dem Teufel, der Hölle und der Verdamnis zu rechnen hat. Den christlichen Priestern zur Seite gestellt sind ihre „Sklavinnen“2 die Nonnen, denen dann die guten heidnischen Priesterin gegenübergestellt werden.

Das Christentum: „aber die Anhänger Christi haben sich nicht dafür entschieden zu sagen, daß sie keine anderen Götter neben ihrem Gott haben, sondern daß es außer ihrem Gott keinen anderen Gott gibt .“3Das Christentum ist so die Religion der Intoleranz, weil sie die subkjektive Entscheidung, daß es für den Christen nur den einen Gott geben soll, in eine objektive Wahrheit veändern, als gäbe es nur den einen Gott! Dieser Ein-Gott-Glaube ist dann auch selbstverständlich zutiefst frauenfeindlich, denn der „Eine- Gott“ schließe die Geschlechtspolarität aus, daß es einen Gott und eine Göttin gebe. „Kein Gott kann allein über alle Dinge herrschen...und die Göttin, die Mutter...?“4Der Ausgrenzung der Göttin folge dann die Verteufelung der Frau: „Sie glauben, […]
daß es keine Göttin gibt. Denn das Wesen der Frau, so behaupten sie, sei das Wesen alles Bösen. Durch die Frau, so behaupten sie, kam das Böse in die Welt, und sie beweisen das mit der unwahrscheinlichen Geschichte von einem Apfel und einer Schlange.“5

Der eine Gott ist so per se der Gott der Intoleranz. Ganz anders die Heiden: „denn in unserer Zeit [der heidnischen] gab es Anhänger anderer Götter, und sie achteten die Götter anderer.“6 „Unsere Welt [die heidnische], in der die Göttin und der Gehörnte, ihr Gefährte , herrschen, die Welt, die du kennst., die Welt vieler Wahrheiten [...]“7, das ist das Positive, in der die Göttin und der Satan , das ist der Gehörnte regieren. Dem wird die negative christliche Welt entgegengestellt, die der einen Wahrheit, in der gilt: Gott oder Satan.
Der christliche Gott „hat allen anderen Göttern den Krieg erklärt und jeden erschlagen, der ihn nicht verehren will [...]wir können nur beten, daß uns diese tödliche Liebe deines Gottes [der christliche]erspart bleibe.“8 Ja, der Gott der Christen wird dann stereotyp beschrieben als: „ Ja; ihr Gott schien ein Gott der Angst und der Strafen zu sein.“9 In der Totenmesse hört man: „wie der Priester düster vom Jüngsten Tag, von Gottes Gericht und seinem Zorn sang, wenn die Seele vielleicht der ewigen Verdammnis überantwortet wurde.“10 Die Christen wissen eben nicht, „daß der Tod nichts anderes war als die Pforte zu einer neuen Geburt. Deshalb konnte sie ihren Gemahl nicht verstehen. Wieso hat ein Christ solche Angst und zittert vor seinem ewigen Frieden? Sie erinnerte sich an einige der düsteren Psalmen, die der Vater Columba gesungen hatte. Ja, ihr Gott schien ein Gott der Angst und der Strafe zu sein.“11So wunderen wir uns nicht zu lesen: „ ...manchmal ist mir dieser Gott unerträglich und ich wünschte, ich könnte ohne die Androhung der Verdammnis den weisen Druiden glauben; sie sprechen nicht vom Gericht, sondern nur von dem, was der Mensch sich im Laufe seines Lebens selbst aufbürdet.“12 Interessant ist, wie gerade hier das postmoderne Ideal der unbegrenzten Pluralitätsbejahung in das gelebte Heidentum zuückprojiziert wird, um es dem jetzigen Leser als Zukunftsverheißung, so sollte es wieder sein, anzubieten.

Eines fällt sofort auf: das, was uns hier als das Bild des Christentums und der Kirche vor Augen gemalt wird, gleicht erstaunlich dem Zerrbild, das Modernisten von der vorkonzilisaren Kirche sich ausmalen. Ja, man könnte jetzt beruhigt urteilen,daß die Kirche seit dem Konzil doch schon die meisten der hier von Zimmer Bradley beklagten Mißstände beseitigt habe. Aber genau das müßte uns auch beunruhigen. Ist es denn legitim, all diese unerfreulichen Wahrheiten abzuschaffen, nur weil sie uns nicht gefallen. Daß von dem göttlichen Gericht, der Strafe nichts mehr gesagt wird, nicht etwa weil es unwahr wäre, sondern weil es die Menschen nicht mehr hören wollen, ist das Problematische dieser Reform des Christentumes. Diese Umformung verdankt sich ja nicht einem theologischen Erkenntniszugewinn oder einer vertieften theologischen Erkenntnis sondern einzig dem Wunsche, den Publikumsgeschmack zu treffen.

Und das besonders Problematische: wer sagt uns denn, daß es wahr ist, daß „alle Götter ein Gott sind“ wie es gleich im Prolog heißt?13 Aber wir können es nicht übersehen, daß das Friedensgebet zu Assisi dieser Vorstellung schon sehr nahe kam.

Eigentümlich ist dabei, daß einerseits von einer Pluralität von Wahrheiten ausgegangen wird und das andererseits gerade die Wahrheit des Christentums verneint wird. Die Wahrheiten der christlichen Religion gehören nicht zum legitimen Pluralismus.Es gibt kein göttliches Gericht, keine Verdammnis, keine Unterscheidung von dem wahren Gott und den Götzen.Wie kann eine so pluralistisch sich gebende „Religionsphilosophie“ so ausschließlich ihre Wahrheiten als Wahrheiten deklarieren?

Was ist denn nun die implizite Reformagenda dieses Schreckensbildes des Christentumes? Es soll all das abschaffen, was stört! Aus dem einen Gott soll ein Gott werden, dem es gleichgültig ist,unter welchem Namen wir ihn anrufen. Alle Religionen sind so wahr, wenn sie ihre eigene Relativität einsehen . Aber sie sind es nur, wenn sie sich selbst relativieren gegenüber der einen absoluten Wahrheit, daß alle Götter eins sind. Gott unterscheidet so nicht als der Eine, der hinter allen Göttern ist und so richtet er auch nicht und verurteilt niemanden. Hinter der „idyllischen“ Vorstellung, daß die Göttin mit dem Gehörnten, mit Luzifer zusammen die Welt bestimme,14 zeigt sich geradezu eine postmodernistische Lust am Auflösen aller Polaritäten: es soll nicht mehr zwischen wahr und unwahr,gut und böse, schön und häßlich unterschieden werden, oder wenn, dann immer nur als die zwei Seiten des Einen, die zusammen nur das Leben ausmachen.
Die christliche Moral, wie jede, lebt von der Unterscheidung: es wird Gott von den Götzen unterschieden, das Wahre vom Unwahren usw. Alles Unterscheiden hat seinen Urgrund dabei in der ersten Unterscheidung, der von Gott und Nichtgott.Wird diese Unterscheidung außer Kraft gesetzt, fallen auch alle anderen Unterscheidungen. Dann können plötzlich Homosexuelle eine Ehe führen, dann soll es nicht mehr Mann und Frau geben, sondern nur noch Menschen, dann darf es keine Natur des Menschen mehr geben, von der man den sich von ihr entfremdenden Menschen unterscheiden könnte. Alles löst sich auf im Jahrmarkt der unbegrenzten Möglichkeiten: wir sind beim heutigen Kirchentagschristentum angekommen.

Könnte es so gesehen so sein, daß das Reformprogramm dieser Autorin schon längst in der Kirche angekommen ist? Daß wir also in diesem Zerrbild der Kirche nur das vor Augen geführt bekommen, was einst die traditionelle Kirche auszeichnete, bevor sie sich postmodernistisch umformte? Selbstredend ist der Protestantismus dem etwas „unbeweglicheren“ Katholizismus weit voraus-aber die Reformkräfte zumindestens im deutschsprachigen Raum drängen kräftig darauf, nachzuholen. Und ein paar Siege sind unverkennbar: Von Gericht, Hölle und Verdamnis spricht in der Kirche heute niemand mehr-und daß die christliche Religion die einzig wahre ist,sagt auch fast niemand mehr.

Ist so gesehen Zimmer Bradley nicht viel mehr die Kirchenlehrerin unserer Zeit als so manch heilig gesprochenem. Nur darf selbstredend der größte Kirchenlehrer der Gegenwart, Willy Millowitsch nicht übersehen werden: „Wir sind alle kleine Sünderlein- und kommen alle in den Himmel. Aber diesem sicher subordiniert müssen wir wohl diese Autorin auch als faktische Lehrerin der Kirche anerkennen. Sie zeichnet uns ein Bild des gelebten Heidentumes ganz im feministisch-postmodernistischen Geiste, nicht in der Intention, daß sie nun auf eine Renaisance des Heidentumes hofft, wohl aber in der Erwartung, daß das so kritisierte Christentum einsieht, sich den Anliegen der Postmoderne annehmen zu müssen, um auch zukünftig noch akzeptiert zu werden. Es soll von dem idealisierten Heidentum in seinem Polytheismus lernen, um lebensfähig in der Postmoderne zu sein. Das ist ein Programm, das gerade unter der Flagge des „interreligiösen Dialoges“mehr Anhänger hat, als es der Wahrheit des Glaubens gut tut. Erfolgreich ist dies Konzept aber gerade auch deshalb, weil es gelingt, die Tradition der Kirche so verzerrt darzustellen, wie es gerade diese Schriftstellerin erfolgreich praktiziert, daß jeder Leser spontan urteilt: das kann und darf so nicht wahr sein. Wie es wirklich war, das muß diesen Zerrbildern entgegen ´gestellt werden, um der Wahrheit der Kirche willen.
1Marion Zimmer Bradley, Die Nebel von Avalon, 821- 890 Tausend Ausgabe, November 1993, S.9.
2Avalon S.8.
3Avalon S. 24.
4Avalon S.24.
5Avalon S.24.
6Avalon S.24.
7Avalon S.26.
8Avalon S.35.
.
9Avalon S. 64.
10Avalon S.65.
11Avalon, S.64.
12Avalon S. 67.
13Vgl: Avalon,S.9.

14Vgl: Avalon S.26.

Montag, 27. Oktober 2014

Gott, der Staat und die Todessstrafe

Der Staat und die Todesstrafe

Es gibt wohl kaum ein Thema, daß die Differenz zwischen der christlichen Religion und dem Humanismus so deutlich macht, wie die Gretchenfrage: „Wie stehst Du zur Todesstrafe?“. Für das humanistische Denken ist der Straftäter primär jemand, der gebessert werden muß. Er ist so das Vorzugsobjekt der Pädagogik, insofern sein verbrecherische Tat die eines nicht angemessen Gebildeten ist oder er ist das Vorzugsobjekt therapeutischer Maßnahmen, sofern als Grundursache seiner verbrecherischen Tat eine psychische Erkrankung oder Fehlentwicklung irgendeiner Art gesehen wird. Bildung und Therapie sind so gefordert. Da, bevor die Therapie und die Bildung Erfolge zeitigen können, eine Wiederholung der Untat nicht auszuschließen ist, ist eine zeitlich befristete Absonderung des Täters von der Gesellschaft vonnöten, um sie vor der Gefährlichkeit des potentiellen Wiederholungstäters zu schützen, bis die Therapie und die Bildung den Täter zum Guten hin gebessert hat. Denn prinzipiell jetzt jeder Mensch besserbar, vorausgesetzt er wird nur richtig therapiert und erzogen.
Das humanistische Denken sieht dann noch seine Grenzen ein, wenn es die gesellschaftliche Bedingtheit der Untat wahrnimmt und damit den Zusammenhang zwischen einer „inhumanen“ Gesellschaft und der Neigung von Menschen, die in dieser so gearteten Gesellschaft leben und so eine gesellschaftlich bedingte Neigung zum „Verbrechen“ mit sich bringen. Vulgärsoziologisch: Arme Menschen neigen eher zum Diebstahl als reiche, weil die Reichen alles sich kaufen können, was dem Armen verwehrt ist, so daß sie dazu neigen, das zu stehlen, was sie sich nicht erkaufen können. Also, jedes geschehene Verbrechen ist so ein Appell an die Sozialingenieure, die Gesellschaft humaner zu gestalten, denn dann würde das Verbrechen schon aufhören, kommt das Böse doch allein aus einem erlittenen Mangel.
Der Gedanke der „Strafe“ ist in das humanistische Denken nicht integrierbar. Wie ein Fremdkörper soll er ausgeschieden werden und durch den einer therapeutischen Bildungsarbeit ersetzt werden. Und nur, um die Gesellschaft vor den noch nicht Therapierten zu schützen, schließt man sie eine kleine Zeit lang ein, abgesondert in „Gefängnisse“, um sie schnellst möglich gebessert und geheilt wieder in die Gesellschaft zu reintegrieren!
Die Todessstrafe ist so gesehen die Perversion staatlichen Handelns schlechthin. Denn zum Schutze der Gesellschaft vor den Tätern reiche deren Einsperrung in ein Gefängnis, bis sie therapiert wieder freigelassen werden können. Viel gravierender ist aber, daß durch den Vollzug der Todesstrafe der Versuch einer Therapie verunmöglicht wird-Tote kann man nicht mehr therapieren-und darum verfehlt diese „Strafe“ die Aufgabe des Staates an Verbrechern, sie wieder zu guten Staatsbürgern und human lebenden Menschen zu erziehen oder zu therapieren.
Grundsätzlicher: der Humanismus glaubt an das Gute in jedem Menschen, das nur durch widrige Umstände zurückgedrängt und gar verdunkelt werden könne, aber das doch das Wesen jedes Menschen ausmache, daß jeder liebenswürdig sei und so es schon ein Verstoß gegen das Menschsein, seine Würde wäre , ihn zu strafen, statt ihn heilen zu wollen.

Ganz anders der Katholische Glaube! Nicht in irgendeinem Nebenartikel einer Katholischen Dogmatik, sondern als die „Grundwahrheiten unseres Glaubens“ bekundet etwa das noch 1950 im Erzbistum München und Freising gültige Gottesdienstbuch:
Gott belohnt das Gute und bestraft das Böse. Ewige Seligkeit oder ewige Verdamnis wird das endgültige Geschick der unsterblichen Seele sein.“1 Im Gotteslob 1988 ist ein Gebet des hl. Thomas von Aquin enthalten, in dem es heißt: „ Laß mich, o Herr, deine Strafen hienieden tragen im Geist der Buße und deine Wohltaten recht gebrauchen durch deine Gnade.“2 Es gehört zu den Grundwahrheiten der christlichen Religion, daß der Mensch für sein Tun und Lassen verantwortlich ist und daß Gott ihn gemäß seinem Tun und Lassen belohnen und bestrafen wird, entweder „hienieden“, also in unserem Erdenleben oder nach dem Tode, entweder mit dem ewigen Leben oder mit der ewigen Verdamnis. In diese Grundordnung ist nun der Staat als eine von Gott gewollte Institution, die wichtigste neben der Institution der Ehe und der der Kirche eingezeichnet. Der Apostelfürst Paulus schreibt es unmißverständlich: „Denn es gibt keine staatliche Gewalt, die nicht von Gott stammt; jede ist von Gott eingesetzt.“ (Röm 13, 1) „Denn nicht ohne Grund trägt sie das Schwert. Sie steht im Dienst Gottes und vollstreckt das Urteil an dem, der Böses tut.“ (Röm 13,4). Uns wird hier einiges zugemutet. Der Staat, gerade als Gewaltstaat (nicht in erster Linie als Erbauer von Schulen und Spitälern) steht im Dienste Gottes. Durch ihn richtet und straft Gott „hienieden“, um es mit dem hl. Thomas zu sagen. Denn es steht schon in den Weisheitssprüchen (Sprüche 8,15): „Durch mich [Gott]regieren die Könige und entscheiden die Machthaber, wie es Recht ist;“. Wenn wir den Staat theologisch bedenken, dürfen und können wir von der Staatslehre der hl. Schrift nicht abstrahieren und ersatzweise uns mit irgendwelchen soziologischen oder populärwisenschaftlichen Meinungen über den Staat abgeben.
Theologisch muß man dies also sagen: Gott regiert vermittels zweier Gewalten, der der Kirche und der des Staates. Das Ringen um eine sachgemäße Zuordnung dieser beiden Gewalten oder auch Schwerter, wie die Kirche zu sagen pflegt, gehört so zu den zentralsten Aufgaben der Theologie. Aber nicht bestritten werden darf, daß nicht nur die Kirche, sondern auch der Staat im Dienste Gottes steht. Für diese Dienstaufgabe gab Gott dem Staate das Schwert. Wozu genau? Wir meinen, immer schon zu wissen, wozu der Staat ist, indem wir einfach den empirische Staaten vor Augen habend, daraus „abstrahierend“ Erkenntnisse für das Wesen des Staates gewinnen. Wie nun aber, wenn der Staat sich von seinem Wesen entfremden könnte, und so sein Wesen sich unseren Augen verdunkelte. Oder wollte ein Christ ernsthaft behaupten, daß es zum Wesen des Staates gehört, werdenden Mütter die Tötung ihrer Kinder zu erlauben? Dieser Fall macht eines klar: der Staat kann Dinge tuen (hier konkret die Abtreibung legalisieren), die seinem Wesen widersprechen. Der Staat widerspricht dabei seinem Wesen, so wie jeder Mensch seinem Wesen widerspricht, wenn er sündigt. Denn das Wesen des Menschen, wie das des Menschen ist das, wozu Gott es geschaffen hat. Das nennt die Tradition die ontologische Wahrheit von einem Etwas, im Gegensatz zur empirischen Erscheinung, in der sich das Erscheinende von seinem Wesen entfremden kann. Die ontologische Wahrheit ist die, daß der Staat eine Ordnung Gottes ist, mit und durch die er die Welt regieren will. Und das Ziel dieses staatlichen Regierens ist die Gerechtigkeit.
Wir müssen uns, um der Klarheit willen hier auf das Zentrum der christlichen Religion kaprizieren: auf den Kreuzestod Christi und jetzt unter der Frage: „Warum ist der Römische Staat in der Gestalt des Pontius Pilatus an dem Kreuzestod beteiligt?“ Jesus hätte ja auch, wie kurz darauf der hl. Stephanus von den Juden allein hingerichtet werden ohne eine Mitbeteiligung des Römischen Staates! Hätte Jesus nicht auch so-gesteinigt-für unsere Sünden sterben können als Sühnopfer? Historisch Urteilende können nun vielleicht Plausibiltäten aufweisen, daß es wohl wahrscheinlicher war unter den gegebenden Umständen, daß Jesus von römischen Soldaten gekreuzigt als von Juden gesteinigt zu werde.
Nur, das ist keine theologische Aussage und Erkenntnis. Nein, wir müssen da tiefer fragen und denken. Wenn Pontius Pilatus an der Kreuzigung beteiligt gewesen war, dann war das auch Gottes Wille-denn im Kreuz Christi geschah Gottes Wille! „Dein Wille geschehe!“ bat Jesus, seinen Kreuzestod vor Augen. Heute soll diese Erörterung hier abbreviaturhaft durchgeführt werden, um schneller und damit wohl auch leserfreundlicher zum Kern des Problemes vorzustoßen. Ich setze also Anselm von Canterburys Konzeption als bekannt voraus und urteile, daß um der göttlichen Gerechtigkeit willen sein göttlicher Sohn die notwendige Satisfaction Gott darbrachte. Anders gesagt: die Sünden der Menschen verlangte nach einer adäquaten Strafe, wobei unter Gerechtigkeit zu verstehen ist, daß das Maß des Leides, das durch die Sünden, die Ungerechtigkeiten entstanden ist, durch das Maß der Leiden, durch die Strafe hervorgerufen, ausgeglichen werden.Da Gott der durch die Sünden „Geschädigte“ ist, er wird durch unser Sünden beleidigt, richtet sich das Maß der Strafe nach der göttlichen Würde. (Wenn dagegen etwa eingewandt würde, daß Gott unberührbar sei als absoluter Gott, dann verkennt dies, daß Gott,indem er zum Gott von Menschen und für Menschen wurde, er durch diese Relation auf andere zu einem von Menschen berührbaren Gott sich selbst bestimmte.) Um der göttlichen Gerechtigkeit willen ereignete sich also der Tod Jesu. Daß er aber am Kreuze starb und nicht gesteinigt wurde wie der erste Märtyrer Stephanus, das ist die Folge davon, daß der Römische Staat diese Causa in die Hand nahm. Pilatus kreuzigte Jesus. Der Römische Staat kreuzigte den Heiland der Welt. Oberflächlich Urteilende sehen darin nur einen Justizirrtum oder das erste Opfer von: „Mehr Demokratie wagen!“-weil Pilatus ja das Leben Jesu einer basisdemokratischen Entscheidung unterwarf: die vox populi bestimmte: Kreuzige ihn, den Jesus Christus!
Aber was war nun der Wille des göttlichen Vaters? Genau dies, daß der Sohn um der göttlichen Gerechtigkeit willen den Tod erleiden sollte. Und wozu hat Gott den Staat eingesetzt? Daß er durch sein Schwert der göttlichen Gerechtigkeit dienen solle, indem er die Sünder um der Gerechtigkeit willen straft. Nun wird es paradox. Der,der ohne Sünde ist, nimmt die ganze Sünde der Welt auf sich, um am Kreuze, auf das er die ganze Sünde der Welt trug, den Straftod für diese Sünde zu erleiden. Dies ist eine der komplexesten Paradoxien der christlichen Religion: daß Pilatus, indem er den einzig Schuldlosen tötet, den tötet, der alle Schuld auf sich nahm und so die Strafe erlitt, die alle Menschen sonst zu erleiden hätten. Indem Pilatus in einem skandalösen Justizirrtum den Schuldlosen kreuzigt (weil er der vox populi nachgab) ,kreuzigt er den Sünder Jesus, weil er alle Schuld auf sich genommen hatte und so das tat, wozu der Staat bestimmt ist von Gott, indem er der vox populi nachgab, die jetzt die vox Dei war. Aber das ist nur für im Glauben Fortgeschrittene.
Der Staat tötete also um der göttlichen Gerechtigkeit willen. Das ist seine Aufgabe, das tut er, wenn er rechtmäßig die Todesstrafe ausübt. (Nebenbei: der staatliche Mißbrauch des Rechtes zur ´Todesstrafe diskreditiert nicht den rechtmäßigen Gebrauch dieser Strafmöglichkeit durch den Staat. Daß die staatliche Todesstrafe im Einklang mit dem Willen Gottes steht, das genau offenbart uns das Kreuz Christi ob der Beteiligung des Römischen Staates an diesem Heilswerk. Wir brauchen nur die einfache Gegenprobe zu machen. Was wäre geschehen, wenn Pilatus Jesus Christus freigesprochen und ihn vorsichtshalber in Schutzhaft genommen hätte? Jesus Christus wäre nicht gekreuzigt worden- wir lebten immer noch unter dem Zorn Gottes als Nichterlöste.

Wir Christen sehen den Menschen als strafwürdigen Menschen an. Er ist für sein Tun und Unterlsassen verantwortlich. Darum gehört es zu den Grundwahrheiten des Glaubens, daß Gott straft und belohnt. Und ein Mittel der göttlichen Gerechtigkeit ist das Schwert des Staates, das dazu da ist, daß schon auf Erden im Sinne der göttlichen Gerechtigkeit gerecht gestraft wird. Diese Einsicht wird nun verunklart dadurch, daß man die Idee der Gerechtigkeit, die die Strafe des Bösen notwendig inkludiert, konfundiert mit den humanistischen Vorstellungen vom von Natur aus guten Menschen, Roussseau läßt grüßen, der nur als „Kranker“ Böses tue und so statt zu bestrafen, zu therapieren sei. Dort, wo ein solcher Humanismus die christliche Religion durchsäuert hat, dort versteht man dann weder das Kreuz Christi noch die Todesstrafe durch den Staat-dort wird dann alles modernisiert. Die christliche Religion dagegen kennt den strafwürdigen Sünder, dem Gott aber auch seine Sünde vergeben will, beichtet er und der ewige Strafe in endliche wandelt und selbst von dieser nachläßt, erbittet die Kirche Ablässe für die Armen Seelen im Fegefeuer. Der gerechte Gott straft, weil er gerecht ist, er ist aber auch ein gnädiger Gott. Von all dem weiß die humanistisch gewordene Religion nichts mehr, die sich durch den Humanismus konfundieren lassen habende Religion und die kann dann im Widerspruch zur Tradition der Kirche, verfangen im Geist des Humanismus die Abschaffung der Todesstrafe fordern, um somit Gottes Willen, der den Sühnetod seines Sohnes wollte, nachträglich als Irrtum zu bezeichnen. Sie folgt damit dem Petrus, der schon bei der ersten Leidensankündigung Jesu ausrief: Das sei ferne! Gott will das Kreuz nicht-und Jesus Christus Petrus einen Verweis erteilen mußte: Du denkst menschlich,nicht wie es Gott will.
1Gottesdienst, Gebet-und Gesangbuch für das Erzbistum München und Freising, 1950, S.15.

2Gotteslob, Katholisches Gebet- und Gesangbuch, 1988, S.33.