Dienstag, 23. September 2014

Die Wiederkehr der politischen Religion

Die Wiederkehr der politischen Religion

Denken wir Deutsche an Religion und Politik, wem stünden da nicht grausigste Bilder des 30 jährigen Krieges vor Augen, wer stimmte nicht zu, daß die Religion von der Politik zu trennen sei, damit nicht noch einmal christliche Konfessionsdifferenzen den Grund zu einem europäischen Kriege geben. In deutscher Gründlichkeit klärten wir die Religion auf und pazifizierten sie. Das Projekt der deutschen Aufklärung, d.i. die Domestikation der Religion, gerade als das Alternativkonzept zum in Frankreich präferierten Atheismus und zum englischen Deismus ,der faktisch die Religion zur bloßen Morallehre verkümmern läßt, konzipiert, erwies sich als erfolgreich- so sehr, daß uns Heutigen die Vorstellung, daß eine Religion, und gar die christliche der Grund für einen Krieg sein könnte, unvorstellbar geworden ist. So forschen dann sich kritisch wähnende Historiker nach den wahren Hintergrundmotive des 30 jährigen Religionskrieges, um so noch einmal das Vorurteil zu bestätigen, daß im Raume der Politik die Religion immer nur zur Verschleierung der wahren Interessen diene. Hatte nicht so schon Burkhardt Kaiser Konstantins Religionspolitik so erfolgreich entidealisiert, indem er sie machtpolitisch rekonstruierte? Die christliche Religion privatisierte sich und schuf so erst den Freiraum für den sich herausbildenden Nationalstaat, dem der Patriotismus und nicht mehr die Einheit der Religion das Verbindende war.

Wer das große Reformkonzil der Katholischen Kirche , das 2. Vaticanum begreifen will, muß es lesen vom Hintergrund des nach dem Sturz der deutschen, österreichischen und russischen Monarchie eingeleitetenden Ende der konstantinischen Epoche. Der Ursprung des Zerfalles war der innerchristliche europäische Religionskrieg des 17. Jahrhundertes. Die Katholische Kirche gab es auf, die politische Religion Europas sein zu wollen, sie situierte sich neu in der postmodernistisch sich figuierenden pluralistischen Gesellschaft als eine Institution in der Gesellschaft neben anderen. Die säkularisierte Gesellschaft entstand so, der die Religion eben nur eine Privatangelegenheit vereinsmäßig Organisierter ist und sein soll.

Aber unser europäisch zentristisches Weltbild, dem die sich säkularisiert habende Gesellschaft der Hochpunkt humaner Entwicklung ist, anhebend im Animismus, über einen Polytheismus und Monotheismus zu einem Zeitalter postreligiöser Metaphysik, die ihr Ende im empiristisch- technisch- naturwissenschaftlichen Zeitalter findet, stößt nun an seinen Rändern auf Widerspruch. Heilige Gotteskrieger erklären dem freien Westen den Krieg, nicht nur dem angloamerikanischen Imperialismus, neuerdings als Globalisierung verzeichnet, sondern auch den Fundamenten der westlichen Kultur, der der Trennung von Staat und Kirche und dem des Primates der Ökonomie über alle anderen Bereiche. Die Illusion des Liberalismus ist, daß wenn der freie Markt zu dem einzigen Ordnungsmodell
der Welt werden würde, es keinen Bedarf an politischer Religion mehr gäbe, weil der totale Markt hinreichend die Weltgesellschaft zusammenhalten könnte. Die Renaissance der politischen Religionen, weltweit erweist dies als eine Überforderung der Integrationsleistungsfähigkeit des totalen Marktes.

Auch der enthusiasmierteste Befürworter des Ideales der säkukarisierten Gesellschaft kann nicht umhin, zu sehen, daß sich hier der Islam als politische Religion revitalisiert, eine Vitalität ausstrahlt, dem der Europäer nur noch die Pseudoideale einer Spaßgesellschaft entgegen zu stellen weiß. War es nicht der französische Starliterat Houellebecq, der vorschlug, den Islamismus durch das Verteilen kostenloser Kondome zu bekämpfen- Sex statt Religion?

Die Wiederkehr politischer Religion in Gestalt eines sich revitalisierenden Islam, das ist schon längst kein Alptraum mehr sondern politische Realität. Und wenn der lybische Staatschef in einer Ansprache kürzlich in Italien verkündete, daß Europas Zukunft islamisch sein wird, so ist das angesichts der demographischen Fehlentwicklung und der Zuwanderung aus islamischen Ländern keineswegs weltfremder islamischer Utopismus.

Verteidigt so das postchristliche Europa, einst das christliche Abendland genannt, so die Errungenschaften einer säkularisierten pluralistisch verfaßten Gesellschaft gegen die zukünftige Tyrannei von Gottesgelehrten? Ist die Wiederkehr der politischen Religion nur ein außereuropäisches Phänomen? Was verstehen wir überhaupt unter einer politischen Religion? Unter der politischen Religion soll hier verstanden werden die Religion oder ein Surrogat der Religion, die als öffentliche für das Gesamtgesellschaftssytem wie für seine Subsysteme die Funktion der Letztbegründung erfüllt, die von allen Staatsbürgern Anerkennung verlangt, die die Norm dafür ist, welche anderen Religionen und Weltanschauungen als private zulaßbar sind im Raum der Zivilgesellschaft. Im Hintergrund soll die These gelten, daß sich selbst säkularisiert verstehende Gesellschaften nicht ohne eine öffentliche Religion auskommen, sodaß wo immer die einst traditionell vorherrschende Religion privatisiert wurde, eine Ersatzreligion die Funktion der einstigen traditionellen Religion übernimmt.

Zur Anschauung sei an Robespieres Kult der Vernunft, an den pseudoreligiösen Charakter der Stalinverehrung erinnert. So schreibt I. Deutscher in seiner Stalinbiographie über Stalin:“ Wie sehr lebte in dem harten Parteifunktionär doch noch der Ex-Kleriker fort! Er sah ein Volk, das durch die Wüste in das Gelobte Land des Sozialismus wandertre, und die Partei zog voran wie die biblische Feuersäule, die den Weg erleuchtet. Wer sollte sonst das Volk leiten können in frohen und iun traurigen Zeiten, wenn nicht die Priester und Leviten der Parteiorganisation?“1

Beachtenswert sind die Erwägungen von Friedrich Ronig, Holocaust- die neue Weltreligion?, nachzulesen bei: couleurstudent at. Daß die politische Korrektheit samt der Holocaustindustrie den Status der politischen Religion in den westlichen Ländern erstrebt, zeigt eben auch an, daß die Vorstellung einer völlig säkularisierenden Gesellschaft, die ohne Religion auskommt, eine wirklichkeitsferne llusion war. Eine neue politische Religion wird etabliert und die christlichen Kirchen haben den Primat dieser Religion anzuerkennen.
Zwei Momente sind dabei zu unterscheiden: einerseits relativieren und depotenzieren sich die christlichen Kirchen und alle anderen Reliogionsgemeinschaften unter der Maxime der Anerkennung der Relihgionsfreiheit als gleich-gültige Religionen. Andererseits bedarf die postchristliche Gesellschaft einen homogen Einheitsgrund, ein Fundament, auf dem dann jeder seine Privatreligion erbauen kann. Dieser homogene Einheitsgrund, der die Auflösung der Gesellschaft in autonome Einzelgebilde verhindern soll, ist die politische Religion. Sie bestimmt, welche Bedingungen eine Privatreligion erfüllen muß, damit sie ein legitimer Teilnehmer der pluralistischen Gesellschaft sein kann. Um diese Funktion zu erfüllen, muß die öffentliche Religion selbstredend auch ein Mindestmaß an gesellschaftlich relevanten Funktionen erfüllen.Zu beachten ist, daß das Subjekt und der Adressat dieser öffentlichen Religion nicht das Einzelindividuum ist, sondern die postmoderne Gesellschaft, insofern sie trotz ihrer Tendenz zur Fragmentiesierung und Herausbildung von relativ selbstständigen Subsystemen einen Einheitsgrund braucht,um ein Auseinanderfallen der Gesellschaft zu verhindern. Für das organisierte Christentum heißt dies: das Christentum war bis zur Auflösung des Thron-und Altarbündnisses die politische Religion Europas. Das ist sie nach dem 1.Weltkrieg nicht mehr. Auch wenn sie es gerne weiterhin wäre.

Eine neue politische Religion versuchte sich so zu etablieren, um das Machtvakuum zu füllen, das einst das Christentum einnahm. Das Besondere der Weimaraner Republik kann darin gesehen werden, daß es eine Gesellschaftsformation ohne eine politische Religion war. Stattdessen kämpften organisierte Vertreter einer möglichen politischen Religion um die Luftherrschaft über Deutschland. Deutschland war das Schlachtfeld von Weltanschauungsparteien, aus dem der Nationalsozialismus als Sieger hervorging und so die politische Religion Deutschlands bestimmte. Nach 1945 entstand so ein Machtvakuum und die pluralistische Gesellschaft suchte nach einer neuen sie zusammenhaltenden politischen Religion. Dieser Kampf um die Vorherrschaft, wer wird die neue politische Religion, ist noch nicht endgültig entschieden, aber es schält sich deutlich der Favorit, eine Melange aus Politically Correctnes und der Holocaustreligion ab. Zwischenzeitlich könnte man die Melange aus Antikommunismus und der Apotheose des american way of live in Westdeutschland als die öffentliche Religion bis 1968 verstehen. In dieser Phase wurde die Kollektivschuldlehre zurückgefahren,wurden die Deutschen doch als Frondstaat gegen die SU gebraucht! Der Antikommunismus rehabilitierte in Westdeutschland den Deutschen! Durch die 68er Kulturrevolution zerbrach dann diese öffentliche Religion: statt Antikommunismus Antifaschismus und Hinwendung zum Marxismus in den Eliten, und ein Antiamerikanismus-man denke an das berühmte Asterixplakat, millionenfach gedruck (?):
Die Amis, die spinnen!“

Die christlichen Religionen sollen nun den Primat dieser neu sich etablierenden öffentlichen Religion anerkennen. Das war der Kern der Affaire von Bischof Willamson: ob die Katholische Kirche uneingeschränkt die Holocaustreligion als die öffentliche Religion der westlichen Welt anerkennt und sie sich ihr subordiniert. Der FAZ- Cheffeuilletonist Bahners sprach am 15. Oktober des Jahres von der „Zivilreligion des Menschenrechtsuniversalismus“, dem sich auch und gerade die Katholische Kirche zu unterwerfen hätte. (Vgl: Kat net, 23.Oktober 2010) und drückt damit das aus, was in diesem Artikel unter der Wiedergeburt der politischen Theologie verstanden sein soll. Nicht mehr die Ideologie des Säkularismus bestimmt den öffentlichen Diskurs, sondern die Frage: wer wird die neue politische Religion, der sich alle anderen unterzuordnen haben!

Stehen wir so in Europa auf den Trümmern des christlichen Abendlandes, das als christliches untergegangen ist mit dem Ende der konstantinischen Epoche, erleben und erleiden die Etablierung einer neuen politischen Religion, die der politischen Korrektheit verbunden mit der Holocaustreligion ((Romig) und nicht mehr vor den Toren Wiens, sondern schon mitten unter uns der sich revitalisierende Islam, der schon von einem Europa unter der Fahne des Propheten träumt!

Das Thema der politischen Religion gewinnt so neue Lebendigkeit- die Gretchenfrage steht wieder auf der Tagesordnung: Wie hältst du es mit der Religion? Und das Verblüffende: ein neuer Konsens! Ohne politische Religion geht es nicht! Die Parole der Säkularisierung Europas, geboren aus der bitteren Erfahrung eines Jahrhundertes innerchristlicher Religionskriege erweist sich so nur als Eintagsfliege. Nicht mehr heißt die Frage, ob es einer politischen Religion bedürfe, sondern wer diese Stellung in Europa einnehmen wird: das Christentum, die Holocaustreligion oder der Islam. Und angesichts der Islamschwelgerei des deutschen Ex-Bundespräsidenten Wulff- er war es, der als erster Ministerpräsident eine Türkin islamischen Glaubens zur Ministerin kürte und die, noch nicht im Amte, als erstes die Abschaffung aller Kreuze aus allen öffentlichen Gebäuden forderte- muß man die Option des Islam wohl ernster nehmen als es manchem Westeuropäer lieb ist, besonders wenn die demographische Fehlentwicklung in Europa mitberücksichtigt wird. Die christlichen Kirchen reagieren ja ob des Erstarkens des Islam und angesichts der eigenen Schwäche mit einer klassischen Appeasementpolitik.Nüchtern gesagt: da das organisierte Christentum in Europa sich nicht mehr zutraut, die öffentliche Religion Europas zu sein, will sie auch alle anderen von dem Vorzug, nur noch eine Privatreligion zu sein, eine Stimme im Meinungsbrei des Pluralismus. Aber um legitimer Teilnehmer am Markt der Möglichkeiten zu sein, muß das organisierte Christentum die Vorgaben und den Primat der öffentlichen Religion anerkennen.

Uwe Christian Lay

1Deutscher, I., Stalin, 1.Auflage 1990, S.102.

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